function does not exist
function does not exist
function does not exist

Wesentliche Fragen & vorläufige Antworten

Was sind wichtige grundsätzliche Fragen und Antworten?

Alle Fragen sind in dem Maße wichtig, wie sie mich existenziell berühren, umtreiben und mir weitere Einsichten ermöglichen.

Welche Antworten sind wichtig?

Die Antworten, die mich fühlend verstehen lassen, dass ich mit allen und allem in einem Medium von Sinn, Freiheit und Liebe aufgehoben bin, und die Antworten, die mich mein Leid, meine Schuld und meine Sorge sowohl als etwas Leidvolles als auch als etwas Heilsames verstehen lassen.

Was war vor dem Fragen?

Bei den Tieren sind es die abhängige Orientierung durch die Instinkte, die Orientierung an den Eltern sowie an den Leittieren. Diese Orientierungen gehen auch beim Menschen in seiner Entwicklung dem Fragen voraus.

Wen frage ich?

Zuerst frage ich die Eltern bzw. Autoritäten und mit wachsender Autonomie immer mehr mich.

Wem folge ich?

Ich folge meinem jeweils drängendsten bzw. vorrangigsten Bedürfnis; häufig im Zwiespalt zwischen Sicherheit bzw. Halt durch die Autorität und meiner Selbstbestimmung.

Was war der Anfang von allem?

Am Anfang war vermutlich der Urknall, aus dem sich alles entwickelt hat.

Was war vor dem Urknall?

Manche Physiker antworten darauf, dass diese Frage unzulässig sei, da die Zeit erst mit dem Urknall entstanden sei und es daher kein „vorher“ geben könne. Man kann aber sagen, dass es die Potenzialität, die Möglichkeit für den Urknall gegeben haben muss. Diese zeit- und eigenschaftslose unbegreifliche Potenzialität kann man auch Gott nennen.

Was ist der Anfang des Menschseins?

Der Anfang des Menschseins liegt in unseren animalischen Vorfahren und ist ein kontinuierlicher evolutiver Prozess, der immer noch – vervollkommnend – anhält.

Was ist mit der doppelten Herkunft gemeint?

Ich bin ein Kind der seit dem Urknall ablaufenden Evolution der Natur. Diese Evolution ist die natürliche reale Wirklichkeit, aus der mein individuelles Leben hervorgegangen ist. Diese natürliche Wirklichkeit ist eine Erscheinungsform der sie umgebenden und durchdringenden absoluten Potenzialität – gleich „erster Wirklichkeit“ –, die alles Leben nährt und wieder aufnimmt. Somit bin ich sowohl ein Kind der Natur und ihrer Evolution als auch ein Kind der absoluten Potenzialität.

Wozu dienen Geschichten wie das Alte und das Neue Testament?

Um mich selbst und die Welt zu verstehen, sind Geschichten notwendig.
Sie bringen alle die Fragen – wer, wo, wann, was, wie, warum und wozu – in eine zusammenhängende sinngebende Erzählung. Die vielleicht drängendste Frage der Menschen ist die Frage nach dem Zusammenhang von Leid, Schuld und Erlösung.

Die Bibel ist – besonders in unserem Kulturkreis – die wohl komplexeste Sammlung von Geschichten, die diese existenziellen Menschheitsfragen abbilden. Das Neue Testament geht darin ausdrücklich auf die Frage dieser doppelten Herkunft – „Mein Reich ist nicht von dieser Welt“ – aus der ersten sowie aus der zweiten, weltlichen Wirklichkeit ein.

Was ist mit bedingter Liebe gemeint?

Die bedingte Liebe ist gewissermaßen die gewöhnliche Liebe meines natürlichen Ursprungs, die ich zunächst auf mich und die Meinen beziehe: meine Mutter, meine Geliebte, mein Kind usw. Ich knüpfe meine Liebe an die Bedingung der „Meinigkeit“ und mache sie an dinglich Fassbarem z. B. einer Person fest.

Was ist mit unbedingter Liebe gemeint?

Die unbedingte Liebe ist die Liebe der ersten formlosen „undinglichen“ Wirklichkeit, die nur wirkt, ohne sich an etwas Bestimmtem festzumachen, die aber wie Gravitationswellen alles umfasst und durchdringt.

Bin ich ganz aus der Natur oder auch noch von woanders?

Ich bin ganz aus der Natur und damit gleichzeitig auch ganz aus der unendlichen Potenzialität, die alle Möglichkeiten und die Schöpferkraft umfasst, woraus alles hervorgegangen ist.

Was bedeutet die Aufhebung meiner natürlichen Erscheinungsform?

Mit meinem so genannten Tod wird die natürliche Organisation meiner Körper-Seele-Einheit aufgehoben im Sinne von beendet. Ich scheine mich gleichsam aufzulösen und auseinanderzufallen. Gleichzeitig werden die Moleküle, Atome und subatomaren Teilchen, die mich materiell ausgemacht haben, ebenso in immer wieder neuen Konstellationen bewahrt wie die energetischen und informativen Spuren meines Wirkens und meines Daseins. Die Essenz meiner gelebten Freiheit wird in der eigenschaftslosen transnatürlichen Weise der unendlichen Potenzialität bzw. Göttlichkeit erhöht und vervollkommnet.

Wo gehe ich hin?

Mit der Aufhebung meiner natürlichen Erscheinungsform gehe ich mit allem, was mich in meinem Leben bis zum Tod ausgemacht hat, wieder in das Ganze ein; wie ein Wassertropfen, der ins Meer zurückfällt.

Werde ich gemacht oder mache ich mich selbst, und wer bin ich dabei?

Ob es bereits vor der Konzeption ein wie auch immer geartetes authentisches Selbst gibt, kann bezweifelt werden. Dass ich bei der Konzeption gemacht werde, ist zutreffend. Dass ich mich dann in einzigartiger Weise unter äußeren Einwirkungen von innen heraus gestalte, und ich dabei von Moment zu Moment jemand anderes bin, erscheint plausibel. 

Eigentlich kann ich nie genau sagen, wer ich bin, da ich im Augenblick der Feststellung bzw. des Aussprechens schon wieder anders bin. Dennoch behaupte ich mich als ein geschichtliches Selbst – in Erinnerung an den, der ich vorher war und in Erwartung des Kommenden – wie ich sein will: wertvoll.

Was gilt es für mich angesichts meiner beiden Herkünfte, in meinem Leben zu erfüllen?

Es ist meine Aufgabe, mich als ein Individuum zu entwickeln, das sich seines Selbst bewusst ist; mich als solches zu behaupten und wertvoll zu fühlen, meine Potenziale zu entfalten und Leben zu spenden. Und schließlich ist es meine Aufgabe, in und mit meinem persönlichen Selbst im Aufgehen und so im Einssein mit dem Ganzen über mich selbst hinauszuwachsen sowie dabei im Geist, in Gott, in der Liebe, im All-Eins-Sein vervollkommnet zu sein.

Was sind der Grund und der Zweck meiner Selbstbehauptung?

Mein Bedürfnis und mein Wille zu leben und zu lieben sind Ursache und Zweck.

Woran kann ich erkennen, dass ich mich selbst behaupte?

Ich behaupte mich, wenn das ist, was ich will; und umgekehrt, wenn ich das will, was gerade ist. Am meisten will ich das Geliebte; und so behaupte ich mich umso mehr, je mehr ich liebe.

Ist es denn Selbstbehauptung, wenn ich das liebe, was mich gerade verletzt oder vernichtet?

In einem transzendenten Sinn schon, da meine Liebe nicht angegriffen und vernichtet werden kann. Doch ich kann mich, auch wenn ich angegriffen werde, behaupten, indem ich mich als den Angegriffenen selbst liebe und mich liebevoll gegen den Angriff schütze.

Wie ist der Zusammenhang zwischen Selbstbehauptung und Freiheit?

Je freier ich mich fühle, desto mehr Wahlmöglichkeiten habe ich, um mein Leben zu gestalten und umso sicherer ist mein Selbstvertrauen und mein Selbstwertgefühl.

Was ist die ideale Selbstbehauptung?

Ich behaupte mich dann in idealer Weise, wenn ich liebe bzw. in meiner Liebe bin.

Was ist mit unreifer Selbstbehauptung gemeint?

Mit unreifer Selbstbehauptung ist die Beschränkung der Selbstbehauptung auf das Ich bzw. die individuelle Person auf Kosten anderer gemeint. Letztlich kann man sich aber nur im Verbund mit seiner Umgebung und dem Ganzen behaupten. Rücksichtslos „aus dem Vollen zu schöpfen“ und anderen sowie schließlich auch sich selbst dabei die Ressourcen zu ruinieren, ist unreife Selbstbehauptung.

Woran kann ich erkennen, dass meine Selbstbehauptung unreif ist?

Wenn ich mich kämpfend gegen etwas in meiner Umgebung durchsetzen und behaupten will, mich und meine Vorteile stets an die erste Stelle setze und nicht mit meiner Umgebung mitfühle. Wenn ich den Kampf für das ideale Mittel zur Selbstbehauptung halte und glaube, mich selbst für mich allein behaupten zu können.

Ist es unreif, sich gegen Angriffe durch Gegenwehr bzw. durch Kampf zu schützen?

Im Vergleich mit der Kooperation ist es unreif. Doch im Interesse der Selbstbehauptung im alltäglichen Überleben kann der Kampf notwendig sein.

Was will ich schützen?

An erster Stelle will ich mein (Über-)Leben und das meiner Lieben schützen; darüber hinaus meine Ressourcen, meine Gesundheit, meine Selbstachtung bzw. meinen Stolz, mein Ansehen, meinen Besitz im weitesten Sinn, meine Macht usw. – alles ohnehin letztlich vergängliche Werte.

Was bedeutet Fühlen?

Unter Fühlen wird hier das In-Berührung-Sein und das Wahrnehmen von inneren und äußeren Gegebenheiten und Prozessen verstanden.

Inwiefern und wozu benötige ich jedes meiner Gefühle und jede Gefühlsqualität?

Jedes Gefühl informiert mich auf seine spezielle Weise, wie ich gerade in meiner Beziehung zu einer inneren und/oder äußeren Situation eingestellt und gestimmt bin. Je größer und je differenzierter mein Gefühlsspektrum ist, desto stimmiger kann ich Situationen wahrnehmen, desto lebendiger fühle ich mich und desto mitfühlender kann ich sein. Das geht mit einem zunehmend tiefen Verständnis für alles, was gerade ist, einher.

Was ist mit sogenannten schlechten Gefühlen wie z. B. Hass?

Es ist vielleicht richtiger von unangenehmen Gefühlen als von schlechten zu sprechen, da sonst eine moralische Bewertung mitschwingt. Schlechte Gefühle sind sowenig unmoralisch, wie der Überbringer einer schlechten Nachricht unmoralisch ist. Hass ist ein ebenso legitimes Gefühl wie Angst, Trauer und Freude auch. 

Der Hass will mich an ein erlebtes Trauma erinnern und in mir alle Kraft mobilisieren, um eine mögliche Wiederholung dieses Traumas verhindern zu können. Den Hass zu empfinden, bedeutet nicht, mich auch hässlich verhalten zu müssen. Das gilt es, auseinanderzuhalten.

Wer bzw. was macht meine Gefühle?

Ich mache meine Gefühle unter dem Eindruck und in Resonanz zu den inneren und/oder äußeren Situationen, mit denen ich in Berührung komme. Ich mache alle meine Gefühle in meiner Beziehung zu meinen verschiedenen Selbstanteilen in mir bzw. zu der Umgebung, mit der ich gerade in Berührung komme.

Kann ich Gefühle unterdrücken?

Ich unterdrücke in gewisser Weise ständig irgendwelche Gefühle, da die unendlichen Ströme der von innen und außen kommenden Gefühlsinformationen von meinem bewussten Ich gar nicht alle gleichzeitig wahrgenommen werden können. Doch ich lerne darüber hinaus, auch bewusst Gefühle der Angst, des Mitgefühls, der Scham, der Wut, des Hasses und selbst der Liebe z. B. aus Angst vor unangenehmen Folgen sowie aus rationalen Gründen zu unterdrücken.

Häufig kann eine solche Gefühlsunterdrückung lebensrettend sein. Das ändert aber nichts daran, dass meine gegenüber allen Gefühlen offene und annehmende Grundhaltung meine Lebendigkeit und meine Lebensqualität ausmachen. Es geht darum, immer mehr in mir fühlend wahrzunehmen und zuzulassen. Damit verbinde ich mich ständig im Austausch mit verschiedenen Anteilen in mir sowie mit dem Anderen und kann mich darin aufgehoben fühlen.

Wann ist es sinnvoll, Gefühle zu unterdrücken?

Wenn meine Gefühle so übermächtig werden, dass sie mich darin zu blockieren drohen, in existenziellen Lebenssituationen das Notwendige zu tun – z. B. fliehen oder kämpfen –, ist es notwendig, etwa die lähmende Angst zu unterdrücken.

Kann ich gewünschte Gefühle auch willkürlich in mir hervorrufen?

Natürlich bin ich in der Lage, Gefühle auch willkürlich in mir hervorzurufen; beispielsweise indem ich etwas tue, was mir gefällt: Musik hören, ein Waldspaziergang, Kinofilme usw.

Was kann ich tun, wenn meine Gefühle mich zu überwältigen drohen?

Ich kann mir bewusst machen, dass ich mir gerade diese meine überwältigenden Gefühle mache, und ich sie daher auch ändern kann. Ich kann z. B. lange ausatmen, kurz tief einatmen, wieder lange ausatmen und das so lange wiederholen, bis ich ruhiger bin. Ich kann weinen und ich kann singen und beten.

Woran orientiere ich mich in meinem Leben?

Mein innerer Kompass ist grundsätzlich mein Wohlgefühl bzw. mein Unwohlsein sowie mein Selbstwertgefühl. Letzteres ist für die meisten Menschen das entscheidende handlungsleitende Empfinden. Im Interesse seines Selbstwertgefühls vermag der Mensch sogar Folter und Tod auf sich zu nehmen.

Wovon hängt mein Selbstwertgefühl ab?

Mein Selbstwertgefühl hängt davon ab, ob das, was mir aktuell wertvoll ist – Nahrung, Anerkennung, Zärtlichkeit, Ruhe u. a. – erfüllt wird oder nicht; sei es, dass mir Wertvolles von außen erfüllt wird oder, dass ich Wertvolles erfülle.

Wodurch wird mein Selbstwertgefühl belastet?

Wenn ich eine für mich relevante Wertminderung wie z. B. durch Scheitern, Kränkung, Verlust, Missachtung, Beschuldigung oder durch die Konfrontation mit einem früheren Fehler, mit einer früheren Schuld oder mit einem früheren Versagen erfahre, kann das bis zu einem unerträglich beschämenden Gefühl der Wertlosigkeit gehen. 

Selbstbehauptung wäre die innere Gewissheit, dass mein Selbstwertgefühl zwar von solchen wechselnden Bedingungen abhängig ist, mein wirklicher Wert – meine Würde – als Mensch davon aber nicht beschädigt werden kann.

Wie komme ich zum höchstmöglichen Selbstwertgefühl?

Wenn ich bereit bin, immer wieder im Interesse verbindlicher Werte – Mitgefühl, Fürsorge, Barmherzigkeit, Solidarität usw. – Unangenehmes bzw. Belastendes wie Erschöpfung, Leid, Verantwortung und Schuld auf mich zu nehmen, d. h. mein Leben für Gemeinschaftswerte einzusetzen, weite ich mein Wertempfinden immer mehr aus. 

Gemäß den Geschichten des Neuen Testaments entspricht das der Erlösung im Göttlichen: Jesus nimmt, mitfühlend mit dem Leid der Menschen, für ihr Heil alle erdenkliche Mühsal, alle Qualen, alle Schuld, selbst die Gottverlassenheit und das Sterben auf sich. Er gibt also alles hin, was im Leben zwischen Geburt und Tod vorläufig wertvoll erscheint und wird dadurch in seiner Gottesnatur erlöst. 

So kann auch ich zu meinem bedingungslosen, unverlierbaren Selbstwertgefühl kommen, wenn ich es nicht mehr an vergängliche Werte knüpfe, sondern mitfühlend an das Heil aller Menschen bzw. in meiner Identifikation mit dem Heil aller.

Wie kann ich mich wertvoll fühlen, wenn mir nichts mehr bleibt?

Wenn mir nichts mehr bleibt, ist ja immer noch das, was unvergänglich ist: das allem Vergänglichen innewohnende Sein. Dadurch, dass ich dieses bedingungslose Sein – das kann ich das göttliche Sein nennen – spüre, komme ich fühlend in Kontakt mit meinem unverlierbaren unermesslichen Wert. Das kann ich konkret erleben, wenn ich etwas mir Wertvolles verloren habe und mich dann – aus dem Verlustschmerz heraus – wie Hans im Glück unverhofft frei und glücklich fühle.

Was sind die größten Bedrohungen?

Die größte Angst empfinde ich im Zusammenhang mit Gewalt, drohendem Selbstverlust und mit Isolation. Mit Selbstverlust ist alles das gemeint, was ich als besonders wertvoll mit mir verbinde bzw. als mir zugehörig empfinde und dann tatsächlich bzw. vermeintlich verliere. Isolation ist das Gefühl des von allem abgeschnitten Seins.

Wozu dient die – scheinbar sinnlose – Gewalt?

Gewalt ist eine Reaktion auf einen Schmerz im Zusammenhang mit – vermutetem – Selbstverlust und/oder Isolation. Gewaltanwendung ist eine Strategie, um diesen Schmerz abzuwenden bzw. die drohende Wiederholung dieses Schmerzes zu vermeiden.

Muss denn nicht auch Gewalt angewendet werden, um sich gegen Gewalt zu schützen?

Solange es Selbstverluste, Isolation und den dadurch bedingten Schmerz gibt, gibt es auch die Gewalt, die davor schützen soll, die präventive Gewalt. So gibt es dann auch wiederum eine schützende Gewalt, die mich vor der Gewalt von Gewalttätern schützen soll; sei es durch meine eigene Gegenwehr, sei es durch die Gewalt der Polizei, des Militärs oder anderer Organe. Doch letztlich schützt mich keine Gewalt vor dem natürlichen Selbstverlust im Tod.

Was kann mich gegen Gewalt schützen?

Die Frage geht implizit von dem Glauben aus, dass die Gewalt eine Bedrohung ist, vor der ich Schutz brauche. Für mein reales Leben trifft dies zu. Doch in meiner ungeborenen und unsterblichen göttlichen Natur bin ich nie angegriffen oder bedroht und brauche so auch keinen Schutz vor Gewalt; wie Jesus es als Gottes- und Menschensohn vorgelebt hat, der aus der schlimmsten Gewalterfahrung in seiner zeitlosen Göttlichkeit auferstanden ist. Im realen Leben kann Gegengewalt ein vorläufiger Schutz sein.

Brauche ich meine Angst sowie Schutz vor Gewalt?

Für mein reales kreatürliches Leben sind Angst und Schutz notwendig. Die Angst ist ein notwendiger Faktor meines Schutzsystems. Für mein zeitloses göttliches Leben existieren weder Angst noch Gewalt noch bedarf es eines Schutzes.

Wozu brauche ich die Erfahrung von Angst, Gewalt und Tod?

Angst, Gewalt, Verlust und Tod brauche ich, um mir im Kontrast bzw. im Unterschied dazu meines erlösten Lebens bewusst zu werden.

Was bedeutet Erlösung und gibt es sie?

Erlösung ist das fühlende Verständnis bzw. mein Erleben meiner zeitlosen göttlichen Natur.

Inwiefern benötige ich meinen Glauben, um mich in meinem Leben zu behaupten?

Nur wenn ich etwas Wahres glaube und darauf vertraue – z. B. dass diese Nahrung mir bekommt, das Wasser rein ist, dieser Mensch es gut mit mir meint, meine Handlungen zielführend sind usw. –, kann ich leben. Nur mit einem vertrauensvollen Glauben ist eine bergende menschliche Gemeinschaft möglich.

Gibt es richtigen und falschen Glauben?

Der richtige Glaube ist der Glaube, der das Wahre abbildet. Der falsche Glaube ist der Glaube an etwas Vermeintliches, was es nicht gibt; beispielsweise an das absolute Nichts.

Was fließt alles in meine Glaubensbildung und meinen Glauben ein?

Mein Glaube ist nichts Statisches, sondern hängt u. a. auch von meiner jeweiligen aktuellen Verfassung ab. Wenn ich fröhlich gestimmt bin, glaube ich etwas anderes, als wenn ich gerade einen schmerzlichen Verlust erlitten habe. Die Summe meiner Sinneserfahrungen, meiner Beziehungserfahrungen, der Mitteilungen der für mich relevanten Menschen bzw. Autoritäten sowie besonders die emotional stark aufgeladenen Erlebnisse und meine Verarbeitung dieser, prägen wesentlich meinen Glauben. So können unverarbeitete Traumen mich an allem Guten zweifeln lassen, während eine Nahtoderfahrung mir die Angst vor dem Tod nimmt und mir die Gewissheit eines Lebens nach dem Tod gibt.

Was ist der Unterschied zwischen Wissen und Glauben?

Wissen ist die Summe der – meiner – durch Sinneseindrücke zustande gekommenen und bewusst zugänglichen Erfahrungen und Erkenntnisse, die im expliziten und deklarativen Gedächtnis abgespeichert sind. Das Wissen kann überprüft und von anderen – Autoritäten – überprüft und bestätigt werden. 

Glaube ist die innere Gewissheit bezüglich einer Tatsache, einer Realität bzw. der Wirklichkeit. Glauben und Wissen haben Schnittmengen. Was ich weiß, glaube ich meistens auch – Beispiel für eine Ausnahme ist die Spinnenphobie: Ich weiß, dass sie ungefährlich ist, glaube aber das Gegenteil. 

Handlungsleitend ist für mich mein Glaube und nicht mein Wissen. Das ist auch sinnvoll, da ich letztlich nie etwas genau wissen kann, weil ich nur Abbilder – physiologisch: elektromagnetische Repräsentanzen – der Realität bzw. der Wirklichkeit in meinem Bewusstsein habe und diese Repräsentanzen etwas anderes sind als die Realität und die Wirklichkeit, die sie abbilden. Letztlich kann ich nur glauben oder vermuten. 

Auch das sogenannte gesicherte Wissen, wie es besonders von den exakten Naturwissenschaften verkündet wird, kann von mir aufgrund meiner mangelnden Fachkompetenz im Grunde „nur“ geglaubt werden.

Ist Wissen glaubwürdiger als Glaube?

In unserem Alltagsverständnis schätzen wir Wissen höher ein als Glauben bzw. Geglaubtes. Bezüglich der Tatsachen und der Einschätzung der Realität ist das häufig auch angemessen. Doch nur ein winziger Bruchteil der menschlichen Erfahrungen ist als Wissen im expliziten bzw. im deklarativen Gedächtnis abgespeichert. 

In den umfassenden menschlichen Glauben fließen alle Erfahrungen ein, auch die im episodischen und prozeduralen Gedächtnis abgespeicherten, die ich nicht oder kaum in Gedanken fassen kann; z. B. wie es als Kleinkind ist, die Mutter zu lieben oder mit dem Roller zu fahren. Insofern ist es faktisch so, dass wir unserem Glauben mehr vertrauen als unserem Wissen.

Kann ich „wissen“ bzw. „mir bewusst machen“ woran ich implizit glaube?

Es gibt tiefsitzende Glaubenssätze bzw. Überzeugungen, z. B. wie man mit einem Menschen in Beziehung tritt, die im frühkindlichen Lebensalter gelernt, meinem expliziten und meinem deklarativen Gedächtnis unmittelbar nicht zugänglich sind. Ich kann sie mir annähernd verdeutlichen, indem ich mir in bestimmten Situationen mein Verhalten sowie meine Gefühle und Gedanken dabei bewusst mache und mich quasi noch Mal rückblickend beobachte. Auf diese Weise kann ich auf meinen diesem Verhalten zugrunde liegenden Glauben und auf meine meinem Verhalten zugrunde liegenden unbewussten Überzeugungen bzw. Vorannahmen rückschließen.

Inwiefern kann ich behaupten, dass ich immer vertrauensvoll an etwas glaube?

Da ich immer wieder gleiche Erfahrungen mache, wobei ein Ereignis stets das nächste vorhersehbar nach sich zieht, glaube ich an ein Prinzip von Wenn-Dann bzw. an einen Zusammenhang von Ursache und Wirkung. Der Glaube wird durch bestätigende Wiederholungen von Ursache-Wirkung-Erfahrungen und den damit verbundenen Erkenntnissen immer verlässlicher und wahrer. Leben ist ein Erkenntnis gewinnender Prozess und auf diese Erkenntnisse vertraue ich bzw. glaube an sie, da ich anders nicht überleben könnte.

Welcher Glaube ist der umfassendste?

Der Glaube, der alles Seiende, alles was ist, als gegeben mitfühlend und liebevoll einbezieht, ist der umfassendste. Man kann auch sagen: Der Glaube an die bedingungslos schöpferische und bergende Kraft der alles schenkenden und alles nehmenden Liebe umfasst alles.

Was kann ich glauben und wem kann ich glauben?

Ich kann das glauben, was ich für wahr halte. Ich halte das für wahr, was ich als bereits bekannt wiedererkenne. Dabei muss mir dieses Wiedererkennen keineswegs explizit bewusst sein – in dem Sinne: „Ah ja, jetzt erkenne ich es als dies oder das wieder.“ Dieses Wiedererkennen kann wie eine Anmutung von Vertrautheit empfunden werden. Häufig geht das mit einer Gefühlsmischung von Befriedigung, innerem Jubel, Liebe, Freisein und Dankbarkeit einher. Das bedeutet, dass ich der jeweiligen „Wahrheit“ bzw. der Person glauben kann, die mir etwas mir Vertrautes anbietet. 

Vertraut ist mir das, was ich in der Vergangenheit als überwiegend positiv und haltgebend erfahren habe. Das bedeutet, dass ich eher meinen alten Erfahrungen glaube und mich an ihnen orientiere. Meine älteste Erfahrung ist aber keine bewusste zwischenmenschliche Ich-Du-Beziehungserfahrung, sondern, dass ich in der Gebärmutter bin und werde – in Beziehung wachse und mich entwickele. Ich glaube, dass ich – in Beziehung – bin und weiter werde bzw. mich entwickele und glaube dem, der mir das bestätigt.

Brauche ich Zweifel, Argwohn, Misstrauen und Unglauben wirklich?

Da das Leben als ein ständiger Prozess dauernd im Fluss ist, darf auch mein Glaube an das, was ist, nicht statisch sein. Zweifel, Argwohn, Misstrauen und Unglauben stellen den alten, bisherigen Glaubensinhalt immer wieder infrage und helfen mir so, meine Glaubenssätze ständig wieder neu der aktuellen Wirklichkeit anzupassen.

Warum und wozu entwickeln die Menschen einen Geist- bzw. Gottesglauben?

Mit allen unseren Fragen und Antworten stoßen wir sowohl im Kleinsten wie im Größten, im Innersten wie im Äußersten an die Grenzen unseres Begreifens. Wir erleben uns den Kräften der Natur, unserer Verwundbarkeit und unserer Sterblichkeit ausgesetzt und in dieser Bedingtheit gefangen. Wir versuchen uns daher der Hilfe übermenschlicher Wesen zu versichern. 

Mit einem Gott nach unserem Ebenbild glauben wir, unsere Selbstbehauptung mit seiner Unterstützung allmächtig und ewig ausweiten zu können. So schaffen wir uns einen streitbaren Gott, der uns entweder rettet oder uns für unsere Folgsamkeit und Verehrung belohnt oder uns aber rach- und eifersüchtig für Ungehorsam bestraft. Da wir uns einen Gott nach unserem Ebenbild mit Kampfeslust, Rachsucht und Eifersucht, aber auch mit Mitgefühl und Liebe gebildet haben, glauben wir, dass dieser Gott uns umgekehrt ebenso nach seinem Ebenbild erschuf. 

Mit der über den Menschen hinausweisenden Absicherung im Göttlichen können sich die Menschen vertrauensvoller dem Leben überlassen und sich so besser behaupten. Darüber hinaus kann es gleichzeitig auch so sein, dass wir an das Göttliche glauben, weil es in uns wirksam ist. Die höhere Lebenserwartung gläubiger Menschen spricht für die heilsame Wirkung dieses Glaubens. Es wäre jedoch einerseits heilsegoistisch sowie andererseits viel zu einfältig, wenn ich nur zum Zweck der längeren Lebenserwartung an das Göttliche glauben wollte.

Gibt es einen Glauben, der heilt?

In dem Augenblick, in dem ich an mein Heilsein wirklich glaube, bin ich heil.

Inwiefern kann ich mit Recht glauben, dass der Glaube an Jesus Christus heilt?

Der Glaube an Jesus Christus ist der Glaube an seine Botschaft der göttlichen Liebe, die auch das schrecklichste Leid auf sich nimmt und damit aufhebt. In dieser Liebe bin ich heil, wenn ich sie wie ein Kind glaubend annehme und sie in mir lebendig sein lasse.

Wie kann ich zu einem heilsamen Glauben kommen?

Wenn ich wirklich glauben kann, dass es heilsam ist, zu allem was ist, eine mitfühlende und liebevolle Beziehung einzugehen, bin ich bereits in einem heilsamen Glauben.

Was ist Schuld und gibt es sie überhaupt?

Es gibt verschiedene Bedeutungsgebungen von Schuld. Hier ist mit Schuld die Nichterfüllung eines Wertes oder eines Solls gemeint. Da es unmöglich ist, immer alle Werte bzw. alle Solls zu erfüllen, ist die Schuld lebensimmanent. Ich kann nicht anders, als mich immer wieder schuldig zu machen.

Wie wird Schuld festgestellt?

Schuld wird durch die fühlende Wahrnehmung der Nichterfüllung bzw. der Abweichung von einem (Norm-)Wert oder einem Soll festgestellt. Dabei kann es sich z. B. um einen zu geringen Sauerstoffgehalt im Blut handeln, dann spricht man von Sauerstoffschuld, die sowohl durch eine Messung objektiviert als auch durch Luftnot gefühlt werden kann.

Das ist vergleichbar mit meiner Schuld als Dieb: Ich kann die Schuld als Schuld oder als schlechtes Gewissen oder als Scham fühlen, und ich kann sie vom Bestohlenen, von Zeugen und vom Richter objektiviert und mir vorgehalten erfahren. Hier soll es um die Schuld im sozialpsychologischen bzw. im ethisch-moralischen Sinn gehen, die ich mittels meiner Schuldgefühle bzw. meines schlechten Gewissens empfinde und wahrnehme.

Bin ich tatsächlich schuldig, wenn ich Schuld empfinde?

Subjektiv bin ich mit meinen Schuldgefühlen wirklich schuldig, insoweit ich das bin, was ich fühle. In einem übergeordneten Sinnzusammenhang kann meine „Schuld“ möglicherweise sogar – übergriffige? – liebevolle Fürsorge oder übermäßige Verantwortungsübernahme sein.

Was bedeuten dann meine Schuldgefühle?

Meine Schuldgefühle zeigen an, dass ich für einen Mangel, ein Leid oder für einen Fehler zumindest auf der Gefühlsebene die Verantwortung übernehme und mich deshalb schlecht bzw. minderwertig oder sogar böse fühle. Ob ich tatsächlich verantwortlich bin, ist dabei eine andere Frage.

Was ist die Ursache für mein kindliches Schuldempfinden, wenn ich gar nicht verantwortlich bin bzw. es gar nicht sein kann?

In meinem kindlichen Egozentrismus habe ich Allmachtsphantasien – ich glaube, alles gehe von mir aus – sodass ich z. B. glaube, es schuld zu sein, wenn es der Mutter schlecht geht. Für mich als Kind aber ist die Übernahme meiner Verantwortung für die Mutter und damit auch eine Schuld an sich von einem objektiven Standpunkt aus unangemessen.

Wie kann ich unterscheiden, ob mein Schuldgefühl angemessen oder unangemessen ist?

Zunächst ist ein Schuldgefühl wie jedes Gefühl der aktuellen subjektiven Situation stets angemessen. Dennoch kann ich zu meinem Verständnis der Unangemessenheit bzw. meiner Schuldlosigkeit kommen, da es auch eine Seite in mit gibt, die die Gerechtigkeit und meine Unschuld vertritt. Ich kann das unterscheiden, indem ich alle Stimmen einschließlich der „Unschuldsanwälte“ in mir höre, sie gelten lasse, mit ihnen mitfühle und sie verstehe.

Was ist, wenn ich kein Schuldgefühl, kein schlechtes Gewissen und keine Scham empfinden kann?

Ohne solche Empfindungen habe ich große Probleme im sozialen Miteinander, da solche Gefühle ja mein Mitgefühl mit tatsächlich oder vermeintlich nichterfüllten oder verletzten Werten voraussetzen. Es fällt mir dann schwer, mich wirklich jemandem bzw. zu etwas zugehörig zu fühlen, da ich keine gemeinsamen Werte teile.

Bedeutet das, dass Schuldgefühle, Scham und schlechtes Gewissen auch etwas Gutes sind?

Erst durch das Empfinden von Schuld – nämlich die Fähigkeit, mitfühlend mit dem von mir verursachten Schaden und dem dadurch verursachten Schmerz eines anderen in Beziehung treten zu können – werde ich zu einem sozialen Menschen, da mein Schuldgefühl ebenso wie mein schlechtes Gewissen Mitgefühl mit dem Anderen voraussetzt und so meine Verbundenheit mit ihm bedeutet.

Was heißt Aufhebung der Schuld?

Aufhebung heißt, die Schuld anzunehmen, und sie gleichzeitig durch die Anerkennung ihrer Heilswirkung in ihrer ausschließenden, herabsetzenden entwertenden Funktion zu beenden ‒ und damit aufzuheben bzw. zu vervollkommnen.

Was ist Schuld und gibt es sie überhaupt?

Es gibt verschiedene Bedeutungsgebungen von Schuld. Hier ist mit Schuld die Nichterfüllung eines Wertes oder eines Solls gemeint. Da es unmöglich ist, immer alle Werte bzw. alle Solls zu erfüllen, ist die Schuld lebensimmanent. Ich kann nicht anders, als mich immer wieder schuldig zu machen.

Wie wird Schuld festgestellt?

Schuld wird durch die fühlende Wahrnehmung der Nichterfüllung bzw. der Abweichung von einem (Norm-)Wert oder einem Soll festgestellt. Dabei kann es sich z. B. um einen zu geringen Sauerstoffgehalt im Blut handeln, dann spricht man von Sauerstoffschuld, die sowohl durch eine Messung objektiviert als auch durch Luftnot gefühlt werden kann.

Das ist vergleichbar mit meiner Schuld als Dieb: Ich kann die Schuld als Schuld oder als schlechtes Gewissen oder als Scham fühlen, und ich kann sie vom Bestohlenen, von Zeugen und vom Richter objektiviert und mir vorgehalten erfahren. Hier soll es um die Schuld im sozialpsychologischen bzw. im ethisch-moralischen Sinn gehen, die ich mittels meiner Schuldgefühle bzw. meines schlechten Gewissens empfinde und wahrnehme.

Bin ich tatsächlich schuldig, wenn ich Schuld empfinde?

Subjektiv bin ich mit meinen Schuldgefühlen wirklich schuldig, insoweit ich das bin, was ich fühle. In einem übergeordneten Sinnzusammenhang kann meine „Schuld“ möglicherweise sogar – übergriffige? – liebevolle Fürsorge oder übermäßige Verantwortungsübernahme sein.

Was bedeuten dann meine Schuldgefühle?

Meine Schuldgefühle zeigen an, dass ich für einen Mangel, ein Leid oder für einen Fehler zumindest auf der Gefühlsebene die Verantwortung übernehme und mich deshalb schlecht bzw. minderwertig oder sogar böse fühle. Ob ich tatsächlich verantwortlich bin, ist dabei eine andere Frage.

Was ist die Ursache für mein kindliches Schuldempfinden, wenn ich gar nicht verantwortlich bin bzw. es gar nicht sein kann?

In meinem kindlichen Egozentrismus habe ich Allmachtsphantasien – ich glaube, alles gehe von mir aus – sodass ich z. B. glaube, es schuld zu sein, wenn es der Mutter schlecht geht. Für mich als Kind aber ist die Übernahme meiner Verantwortung für die Mutter und damit auch eine Schuld an sich von einem objektiven Standpunkt aus unangemessen.

Wie kann ich unterscheiden, ob mein Schuldgefühl angemessen oder unangemessen ist?

Zunächst ist ein Schuldgefühl wie jedes Gefühl der aktuellen subjektiven Situation stets angemessen. Dennoch kann ich zu meinem Verständnis der Unangemessenheit bzw. meiner Schuldlosigkeit kommen, da es auch eine Seite in mit gibt, die die Gerechtigkeit und meine Unschuld vertritt. Ich kann das unterscheiden, indem ich alle Stimmen einschließlich der „Unschuldsanwälte“ in mir höre, sie gelten lasse, mit ihnen mitfühle und sie verstehe.

Was ist, wenn ich kein Schuldgefühl, kein schlechtes Gewissen und keine Scham empfinden kann?

Ohne solche Empfindungen habe ich große Probleme im sozialen Miteinander, da solche Gefühle ja mein Mitgefühl mit tatsächlich oder vermeintlich nichterfüllten oder verletzten Werten voraussetzen. Es fällt mir dann schwer, mich wirklich jemandem bzw. zu etwas zugehörig zu fühlen, da ich keine gemeinsamen Werte teile.

Bedeutet das, dass Schuldgefühle, Scham und schlechtes Gewissen auch etwas Gutes sind?

Erst durch das Empfinden von Schuld – nämlich die Fähigkeit, mitfühlend mit dem von mir verursachten Schaden und dem dadurch verursachten Schmerz eines anderen in Beziehung treten zu können – werde ich zu einem sozialen Menschen, da mein Schuldgefühl ebenso wie mein schlechtes Gewissen Mitgefühl mit dem Anderen voraussetzt und so meine Verbundenheit mit ihm bedeutet.

Was heißt Aufhebung der Schuld?

Aufhebung heißt, die Schuld anzunehmen, und sie gleichzeitig durch die Anerkennung ihrer Heilswirkung in ihrer ausschließenden, herabsetzenden entwertenden Funktion zu beenden ‒ und damit aufzuheben bzw. zu vervollkommnen.

Was ist unter „primärer“ Schuld zu verstehen?

Die primäre Schuld ist die unschuldige Nichterfüllung eines traditionell durch Autoritäten vorgegebenen Wertes, wie: „Du sollst nicht von der Frucht dieses Baumes essen.“ Die primäre Unschuld ist unser eigentliches, wirkliches Wesen aufgrund der nicht vorhandenen Existenz von Schuldbewusstsein und Schuld; im Falle von Adam und Eva in der fehlenden Unterscheidungsfähigkeit bezüglich autoritär vorgegebener Werte bzw. Unwerte. Die primäre Schuld des unschuldigen Kindes ist es, dass es aus Liebe alle Werte und Unwerte der Eltern, die ihm vermittelt werden, annimmt und an dieser Annahme leidet.

Was heißt, dass die Schuld ein Kind der Liebe ist?

Ein durch Autoritäten vorgegebener Wert wird schuldhaft verletzt und dadurch gleichzeitig ein höherer Wert erfüllt. Beispiel: Es ist verboten, am Sabbat zu heilen. Jesus verletzt dieses Verbot und heilt; er erfüllt damit die höheren Werte von Barmherzigkeit und Liebe. Die Schuld, z. B. am Sabbat zu heilen, ist in Wirklichkeit eine Liebesausdruck.

Wie bewältige ich mein Leben und wie kann ich mich behaupten?

Mit bestimmten angeborenen Strategien – Schreien bzw. Aufmerksamkeit erregen – komme ich auf die Welt und übernehme dann nach und nach von meinen Vorbildern, als erstes von den Eltern, deren Strategien, um mich zu behaupten. Aus meinem erfolgreichen Verhalten und den Strategien meiner Vorbilder leite ich Glaubenssätze bezüglich meines angemessenen, bedürfniserfüllenden Verhaltens im weitesten Sinne ab.

Da ich diese Glaubenssätze bereits praeverbal im Kleinkindalter bilde, sind sie mir meist nicht bewusst. Sie fühlen sich wie „selbstverständlich“ richtig an. Ich folge ihnen gewohnheitsmäßig selbst dann, wenn sie nicht mehr zielführend sind. Dann ist eine Erweiterung bzw. Aufhebung solcher nicht mehr förderlicher bzw. konfliktträchtiger Glaubenssätze notwendig.

Wovon lasse ich mich im Leben leiten?

Ich lasse mich von dem leiten, woran ich glaube. Wenn ich glaube, ich sei ein rationaler Mensch, glaube ich vielleicht an die Wahrheit von Fakten und Wissenschaften. Doch auch das ist letztlich mein Glaube, der mich leitet. Dabei kann ich glauben, dass das Wissen sicherer sei als ein Glaube. Auch das ist wiederum ein Glaube. Ich lasse mich von sogenannten impliziten und expliziten Glaubenssätzen leiten.

Was sind implizite Glaubenssätze?

Mit diesem Begriff sind „unbedachte“ Bewusstseinsinhalte gemeint, an denen man sich in seinem Selbst- und Weltverständnis sowie in seinem Verhalten orientiert. Sie fühlen sich wie „selbstverständlich“ richtig an und sind wie ein innerer Kompass, der gewissermaßen immer wieder auf das Gewohnte – Überzeugungen, Verständnis, Verhalten – einstimmt. Implizite Glaubenssätze sind auch von den Einflüssen von der jeweiligen Kultur der Eltern bzw. der Gesellschaft geprägt.

Was sind explizite Glaubenssätze?

Explizite Glaubenssätze beinhalten bewusste, bedachte und auch formulierbare bzw. formulierte Glaubensinhalte.

Ist es mir bewusst, von welchem Glaubenssatz ich mich gerade leiten lasse?

Meine impliziten Glaubenssätze sind mir meist nicht so bewusst, dass ich sie benennen könnte. Wenn ich um stark tätowierte Männer, Bettler, Rottländerhundehalter oder politisch anders Denkende einen Bogen mache, ist mir nicht bewusst, dass ich Befremdliches für schlecht und gefährlich halte – Inhalte meines impliziten Glaubens. Explizit glaube ich an die Gleichheit aller Menschen. Wenn ich weit genug von den „Ungleichen“ weg bin, lasse ich mich eher von diesem expliziten Glauben an die Gleichheit leiten.

Welcher Glaube bzw. welche Glaubenssätze sind die richtigen?

Der Glaube bzw. die Glaubenssätze sind die richtigen, mit denen ich im jeweils aktuellen Gegenwartsmoment möglichst passgenau verstehe, was gerade ist und mich dadurch bedürfnisgerecht verhalten kann. Und das ist abhängig von der – meiner – jeweiligen Perspektive und der aktuellen Bedürfnislage. Die Glaubenssätze sind die richtigen, die der aktuellen Wahrheit am nächsten kommen.

Wozu sind solche Glaubenssätze bzw. Kontrollüberzeugungen notwendig?

Als gleichsam „geronnene Lebenserfahrungen“ bzw. Routinen helfen diese mir sowohl in Alltags- als auch in Notsituationen auf Bekanntes zurückgreifen zu können, etwas rasch zu erfassen und mich angemessen – routiniert – zu verhalten. Sie funktionieren wie ungeschriebene Lebensregeln, denen ich folge.

Wann werden Glaubenssätze, Kontrollüberzeugungen und Lebensregeln problematisch?

Sie werden dann problematisch, wenn sie nicht – mehr – zur aktuellen Lebenswirklichkeit passen und die Erfüllung von Bedürfnissen verfehlen oder gar verhindern.

Wodurch werden Lebensregeln und Kontrollüberzeugungen problematisch?

Da sich alles Leben stetig weiter fortentwickelt, Regeln und Kontrollüberzeugungen dagegen etwas Fest-gestelltes sind, werden sie der sich stets wandelnden aktuellen Lebenswirklichkeit immer weniger gerecht; sie werden parafunktional. Schon von daher ist es notwendig, sich diese Regeln immer wieder bewusst zu machen, sich davon zu emanzipieren und sie ebenfalls weiterzuentwickeln. Regeln, Überzeugungen, Gesetze sind von Menschen für Menschen gemacht und nicht der Mensch für die Gesetze.

Was ist mit Glaubenssätzen bzw. mit Glauben gemeint?

Mit Glauben bzw. Glaubenssätzen sind mehr oder weniger feste Vorstellungen von richtig oder falsch, von wahr oder unwahr gemeint.

Was sind gebotene Glaubenssätze?

Gebotene Glaubenssätze sind bestimmte Erkenntnisse bzw. Regeln, die zum Leben bzw. zum Überleben berücksichtigt werden müssen. Zwei Beispiele: Nur im Austausch mit anderen Menschen kann ich Mensch werden. Es gibt ansteckende lebensgefährliche Krankheiten. Corona ist eine davon und daher ist Vorsicht geboten.

Wer gebietet die Glaubenssätze?

Diese Glaubenssätze verinnerliche ich sowohl aus meiner eigenen Lebenserfahrung heraus als auch durch autoritäre Vorgaben.

Wer entscheidet, was richtig oder falsch, wahr oder unwahr ist?

Letztlich bestimme ich selbst mittels meines Glaubens, was für mich Geltung hat, da mein Glaube Teil meines Bewusstseins ist. Dabei orientiere ich mich an dem, was mit Autoritäten – Eltern, Lehrer, Peers, Priester, Experten, Führer, Wissenschaftler, Politiker, meine „Glaubensgemeinschaft“ – als richtig oder falsch, als wahr oder unwahr vorgegeben haben. Doch letztlich liegt die Entscheidung immer bei mir, wem bzw. welchem Inhalt ich zustimme, und was ich glaube.

Gibt es eine objektive Wahrheit, die von jedem geglaubt werden kann?

Vermutlich ja, doch solange ich ihr als ein sich ständig veränderndes Wesen begegne, ist sie für mich wie für jeden anderen un(be)greifbar.

Wozu ist die Aufhebung von Glaubenssätzen notwendig?

Da das Leben ein permanenter Prozess ist, könne Glaubenssätze bzw. –regeln, die ja Fest-stellungen sind, diesen Vorgang immer nur ungefähr und vorläufig abbilden und sind daher stets neu anzupassen.

Wie kann ich mir die Aufhebung bzw. die Erweiterung meines Glaubens vorstellen?

Indem ich – letztlich - an nichts Bestimmtes mehr glaube, sondern an das Wesentliche alles Seienden nämlich an das Sein glaube, habe ich den Glauben aufgehoben. Ich glaube dann an die all den unendlich vielen Lebenserscheinungen innewohnende Kraft – an die Liebe.

Woran kann ich wirklich glauben?

Ich kann an das glauben, woran ich - bis jetzt – aktuell glaube und daran, dass es auch ganz anders sein kann. Für dieses Anderssein kann ich mich immer wieder neu öffnen; der andere Glauben des Anderen kann dabei eine interessante Anregung sein. Auf diese Weise lerne ich, meine Glaubenssätze bewusst zu erweitern und aufzuheben – sie zu beenden, zu bewahren und zu erhöhen bzw. zu vervollkommnen.

Inwiefern glaube ich, ein eigener und besonderer Mensch zu sein?

Da ich in der Entwicklung meines Selbst immer mehr die Erfahrung mache, eine eigenständige Person zu sein, die anders ist als alles andere in meiner Umgebung, die beim Namen genannt und als diese besondere Person geliebt wird, glaube ich an meine Eigenheit und Besonderheit als Person.

Warum glaube ich, dass meine Eigenschaften und Besonderheiten meinen Wert ausmachen?

Da ich mich durch meine persönlichen Eigenschaften und Besonderheiten erst als eine mich von allen anderen unterscheidende besondere Person – als Ich-Selbst – erfahre, verbinde ich mit dem mir Eigenen und Besonderen mein Wertempfinden; mein stolzes Das-bin-Ich.

Warum und wozu glaube ich an den höheren Wert des Eigenen?

Eine moralische Seite in mir wird für sich in Anspruch nehmen, nicht an die Höherwertigkeit aufgrund meiner besonderen Eigenschaften zu glauben, da alle Menschen gleich – wertvoll – sind. Doch ohne, dass ich mir unter Bevorzugung meiner Person bzw. der Meinigen „etwas herausnehme“ – Luft, Nahrung, Dinge, Anerkennung – und gleichzeitig andere in aller Welt darben lasse, kann ich bzw. meine Nachkommenschaft und meine Art, nicht überleben. 

Mein Glaube an den höheren Wert respektive die Bevorzugung des Eigenen bzw. des mir Zugehörigen ist zur (Selbst-)Behauptung meiner Person, meiner Nachkommen und meiner Art notwendig. Das kann man auch als natürlichen impliziten Narzissmus und Egoismus bezeichnen.

Was bedeutet Aufhebung des Eigenen?

Aufhebung des Eigenen bedeutet die An-Erkennung des Eigenen – und gleichzeitig auch des Fremden – als unendlich wertvolle integrale zeitlose Teile des Ganzen, in dem es mit allem aufgeht und somit im Ganzen aufgehoben ist. Ich habe das Eigene aufgehoben, wenn ich voller Liebe gleichzeitig das Andere und mich in Einem wiedererkenne.

Warum ich glaube zu wissen, was wie ist?

Ich kann zu dem, was ist, mit meiner Wahrnehmung in Beziehung treten und dann „wissen“, was ich von dem, was ist, wahrgenommen habe. Das von mir Wahrgenommene ist jedoch nur ein ungefähres Abbild dessen, was es in der Realität bzw. in der Wirklichkeit ist. Ich kann letztlich nur vermuten, was wirklich ist und an diese Vermutung glauben. Doch ohne, dass ich meine Wahrnehmungen für wahr halte und sie glaube, könnte ich nicht überleben. Es ist sinnvoll, an das zu glauben, was mich am Leben hält. 

In Wirklichkeit nehme ich nur mich selbst unmittelbar wahr, da ich die übrige Welt lediglich mittelbar über meine Abbildungen – meine neuronalen Repräsentanzen – von ihr wahrnehme. Von der Welt nehme ich gewissermaßen nur bunte Schatten, Gerüche, Formen usw. wahr; Wahrnehmungen, die für mein Überleben wahr genug sind.

Was kann ich am besten wahrnehmen?

Mich selbst vermag ich am besten wahrzunehmen. Da ich mich sowohl von innen über meine Interozeption z. B. die Wahrnehmung meiner inneren Muskel- und Sehnenspannung, meiner Bewegungen, meiner Schmerzen, der Informationen aus meinen Eingeweiden usw., als auch durch meine Exterozeption – Hören, Sehen, Riechen, Schmecken, Tasten – gleichsam im Spiegel der Außenwelt wahrnehme, erlebe ich mich gleichzeitig von innen und von außen. Auf diese Weise kann ich mich selbst mehrfach wahrnehmen.

Wie kann ich etwas am besten wahrnehmen?

Wenn ich mitfühlend und liebevoll wahrnehme, nehme ich im doppelten Sinn der Bedeutung an besten wahr.

Warum glaube ich, dass es das Vergangene nicht mehr gibt?

Weil für mich nur das die Realität ist, was ich mit meinen Sinnen erfassen kann, glaube ich, dass es das Vergangene nicht mehr gibt.

Wo sind die vergangenen Ereignisse und Erscheinungen jetzt?

Vergangene Ereignisse und Erscheinungen sind in den Folgeereignissen bzw. in den Folgeerscheinungen aufgehoben – beendet, bewahrt und zu etwas Umfassenderen erhöht bzw. erweitert; gleichsam wie die vergangene Wirklichkeit des Samens nun in der ebenfalls vergehenden Wirklichkeit der Frucht aufgehoben ist.

Von wo erhalte ich meine Erfüllung?

Alles was ich habe, habe ich von außen bekommen. Insofern kommt auch das, was mich erfüllt, faktisch von außen. Doch die positiven Gefühle von Erfüllung bzw. Erfülltsein – Freude, Zufriedenheit, Dankbarkeit -, die meine Erfüllung wahrnehmen und an-erkennen, kommen von mir selbst aus meinem Inneren. 

Ich erhalte meine Erfüllung in einer Verschmelzung von außen und von innen, wobei ich die Freiheit habe, mir alles zur Erfüllung zu bestimmen oder zum Gegenteil.

Was ist das Wahre – das Beständigste und Wertvollste?

Da ich meine Erfahrung in der Begegnung mit materiellen – als erstes mit der Mutter – Objekten mache, glaube ich zunächst, dass diese Objekte das Wahre und Wertvollste seien. Gleichzeitig erlebe ich diese Objekte – hier wieder beispielhaft die Mutter als erstes Objekt in ihren wechselnden Erscheinungsformen – mal liebevoll, mal neutral und mal abstoßend. Gleichzeitig verändern sich die Objekte selbst faktisch durch Altern und Sterben. Die seelisch-geistige Qualität des Faktischen wie z. B. der Mutter, wie immer sie mal so und mal so gewesen sein mag, wirkt jedoch über das vergängliche Materielle hinaus fort.

Was ist für ein erfülltes Leben das Entscheidende?

Wenn ich glaube, dass die Erfüllung von außen kommt und das Materielle das Wertvolle und das Wahre sei, dann erreiche ich Erfüllung durch Bekommen, durch Behalten und durch Haben. Dabei wird oft übersehen, dass Leben nur möglich ist, wenn ich auch immer etwas hergebe – von der Ausatemluft über meine Ausscheidungen bis zu meinen Selbstmitteilungen an andere.

Doch gerade mit meinem festen Glauben an Erfüllung durch Erhalten übersehe ich leicht das Hergeben. Entscheidend ist, dass ich mitfühlend, fürsorglich und liebevoll das weitergebe, was ich bekommen habe, weil ich mich dadurch im fortwährenden Fluss des LEBENS erlebe.

Warum und wozu scheint es am wichtigsten zu sein, das Richtige zu tun?

Wenn ich glaube, dass es für mein erfülltes Leben entscheidend ist, zu bekommen, zu behalten und zu haben, scheint mir mein Verhalten bzw. das richtige Tun das wichtigste zu sein, um mir eben möglichst alles zu erfüllen. Nur die, die sich richtig bzw. angemessen verhalten haben und verhalten, erhalten ihr Leben und ihre Lebenserfüllung; jedenfalls bis zum Tod. Die Religionen versprechen als Belohnung für richtiges Verhalten sogar ewiges Leben in Fülle.

Woran ist zu erkennen, was das richtige Tun ist?

Das richtige Tun ist an der erfolgreichen Zielerreichung erkennbar. Ob ein Verhalten richtig ist oder nicht, hängst also von dem „Wofür“ bzw. welchem Ziel das Tun dienen soll, ab. Das richtige Tun ist also lediglich ein Mittel zum Zweck. Der Zweck ist das Erfüllt-Sein.

Mit welchen Verhaltensstrategien finde ich Erfüllung?

Meine erste Strategie als Säugling ist, meine Hilfsbedürftigkeit durch Klagen und Schreien zu signalisieren. Kleinheit und Hilflosigkeit – Mich-klein-Machen – bewirken im Umfeld fürsorgliche Zuwendung. Zusätzlich mache ich zunehmend die Erfahrung, dass ich mir aktiv etwas „erkämpfen“ kann. Darüber hinaus kann ich mir später etwas erbitten und mir etwas verdienen.

Was ist mein Problem mit dem Mich-klein-Machen?

Da das Kämpfen die bevorzugte Strategie des Stärkeren ist und mit Stolz bzw. Triumphgefühl einhergeht, lehne ich mich mit zunehmendem Alter als hilfsbedürftigen Kleinen, der sich minderwertig, unterlegen und beschämt fühlt, ab. Hierdurch entsteht und wirkt der Glaube an den höheren Wert des Stärkeren, da jeder lieber groß und stark sein möchte.

Ist eine Welt ohne Kampf bzw. Krieg realistisch?

Eine Welt ohne Kampf ist gleichermaßen realistisch bzw. real wie auch unrealistisch. Jeder hat in sich und ebenso in seinem Umfeld Frieden erlebt; andernfalls wüssten wir nicht, wovon gerade die Rede ist. Gleichzeitig wird immer irgendwo gekämpft. Da der Kampf als Strategie zur Bedürfnisbefriedigung evolutionär im Menschen angelegt ist, wird man – besonders in der Not – auch darauf zurückgreifen.

Kann es dann jemals einen dauerhaften Frieden geben?

Den dauerhaften Frieden gibt es in dem Augenblick, in dem ich ihn schließe; indem ich auch mit dem vorübergehenden Kampf meinen Frieden schließe. Der zeitlose Friede herrscht in der Liebe und im Mitgefühl mit allem, was ist. Denn der Friede herrscht im und durch den – meinen – Geist.

Warum und inwiefern glaube ich, dass der Stärkere mehr Recht(e) hat?

Ich glaube an das Recht des Stärkeren, weil dieser Glaube meine alltägliche – evolutive – Lebenserfahrung abbildet. Dieser Glaube leitet mich insofern, als ich auf meine überlegene Stärke vertraue und sie einsetze, um mich durchzusetzen und mir Vorteile zu verschaffen. Deswegen kann ich trotzdem in meinem expliziten Glauben von der Gleichberechtigung überzeugt sein.

Warum messe ich Autoritäten und Mächtigen mehr Bedeutung und Wertschätzung bei?

Als Kind erlebe ich mich in totaler Abhängigkeit von den mächtigen Eltern. Sie erhalten mich am Leben und erscheinen mir damit auch andererseits als meine größte Bedrohung, falls sie sich von mir abwenden. Dieses Beziehungsmuster übertrage ich mehr oder weniger auf alle Autoritäten.

Gibt es auch den Glauben an die Bevorzugung des Schwachen?

Bereits im Tierreich gibt es das mutige fürsorgliche Eintreten für Schwache gegen Überlegene. Je ausgeprägter die Fähigkeit zum Mitgefühl ist, desto entschiedener ist das Eintreten für Schwache. Besonders ausgeprägt ist das in der Beziehung zu Babys und Kleinkindern. Der von Jesus Christus verkündete Glauben ist gerade von der Bevorzugung der Schwachen geprägt.

Warum glaube ich, dass Leid, Schuld und das Böse zusammenhängen?

Weil mir das als Wahrheit zu glauben von den Autoritäten vermittelt wurde und weil ich Leid, Ungemach und Schuld als unangenehm erlebe. In sozialer Übereinkunft wird das Leid und das Unangenehme im weitesten Sinne mit Falsch-Machen, Schuld und dem Bösen in Verbindung gebracht. Je belastender das Unangenehme ist, desto mehr setze ich es mit böse gleich; „bösartiger“ Tumor.

Warum glaube ich, dass Leid, Schmerz und Unglück die Strafe für das Böse sind?

Weil das Böse seit Jahrtausenden in allen großen Kulturen im Ringen um Verständnis als plausible Begründung für alles Leid und besonders für schwere menschliche Schicksale so erzählt und erklärt wurde. Und weil bis heute das fühlende Verständnis für die Notwendigkeit des Leids zugunsten der immer wieder neu zu justierenden Bedürfniserfüllung so schwer zu gewinnen ist – jedenfalls solange ich das Leid nur weghaben will, anstatt es in seinen notwendigen Funktionen zu verstehen.

Um das Prinzip zu verdeutlichen: Ohne den quälenden Durst würden wir leicht verdursten. Der Durst hat also eine notwendige Funktion und ist nicht böse, weil er als quälend empfunden wird.

Warum werden besonders Aggression, Wut und Hass für böse erklärt?

Jeder Mensch hat schmerzliche Erfahrungen als Opfer von Aggression, Wut und Hass gemacht. Wut, Aggression und Hass führen zu Gewalt und zu Schädigungen und sie können so auch eine Bedrohung für die Mächtigen bzw. die Autoritäten sein. Deshalb ist diesen Mächtigen gegenüber Aggression und Wut verboten und ich bin als Kind für meine Aggression und meine Wutgefühle von der Autorität verurteilt und für böse erklärt worden. „Böse“ ist daher auch eine Bewertung und Zuschreibung aus der Perspektive der mächtigen Autorität an den Unterlegenen bzw. den Unangepassten, der etwas anderes will als die Autorität. Grundsätzlich bleibt die Tatsache, dass es infolge dieser Gefühle zu Unfrieden, Trennungen, Verletzungen und nachhaltigen Traumen – dem „Bösen“ – kommt.

Warum bin ich wie auch andere Menschen – situativ – aggressiv, wütend und hasserfüllt?

Aggression und Wut sind natürliche angeborene Anlagen, die helfen, sich im Leben zu behaupten. Mit diesen Gefühlen geht besonders in Notsituationen eine Mobilisierung der Kraft einher, wodurch ich mich mächtiger und wertvoller fühle und mich besser durchsetzen kann. In diesem Kontext wirken Wut und Hass – zur Kraftmobilisierung sowie zur Aufrichtung – positiv.

Wie entstehen der Glaube an Ursache und Wirkung sowie die von diesem Glauben abgeleiteten Naturgesetze?

Jeder Glaube ist aus den Erfahrungen der Beobachtung von Phänomenen abgeleitet, deren sich wiederholende Abfolgen in einem gesetzmäßigen Zusammenhang – wie z. B. die Naturgesetze – gebracht werden. Da in der Abfolge von Phänomenen – bestimmte Phänomene haben wiederholt bestimmte Folgen – gleiche Ursachen immer wieder die gleichen Wirkungen bedingen, glaubt man an eine Gesetzmäßigkeit. Da die Sonne am Morgen aufgeht, einen Kreisbogen beschreibt und am Abend untergeht, wurde daraus ein Gesetz abgeleitet und geglaubt, dass sich die Sonne um die Erde dreht. Durch genauere Beobachtungen wurde dann ein neues Gesetz, dass sich die Erde um die Sonne dreht, postuliert.

Wer hat die Naturgesetze gemacht?

Es ist naheliegend anzunehmen, dass die Natur ihre Gesetze gemacht hat. Doch mit einiger Sicherheit lässt sich sagen, dass die definierten Naturgesetze von uns Menschen gemacht und in die Natur hineininterpretiert wurden. Dabei macht es prinzipiell kaum einen Unterschied, ob man an den Kreatonismus – „die Welt wurde in sieben Tagen von Gott geschaffen“ – wie z. B. in den USA oder man an die Evolution glaubt.

Der Glaube an solche Gesetzmäßigkeiten ist von den Menschen gemacht, um sich etwas zu erklären bzw. um das, was ist, besser zu verstehen. Je komplexer ein Glaubensinhalt ist, desto umfassender und genauer bildet er das, was in Wirklichkeit ist, ab; doch umso schwieriger ist es auch, den Inhalt zu verstehen.

Ist es sinnvoll, an meinen Glaubenssätzen festzuhalten oder ist es besser, sie zu verändern?

Je mehr ich mein Bewusstsein entwickele und erweitere, desto weiter sind auch die Glaubensinhalte bzw. die Glaubenssätze zu fassen.

Werden die alten Glaubenssätze damit falsch?

Die alten Glaubenssätze werden überholt und verlieren an Bedeutung; vergleichbar dem Faustkeil als Werkzeug. Doch vor dem Hintergrund eines umfassenden Verständnisses ist es sinnvoll, die alten Glaubenssätze aufzuheben – sowohl sie zu beenden als auch sie in Erinnerung zu bewahren, sie weiter zu entwickeln und sie damit in gewisser Weise zu vervollkommnen.

Warum ist es faktisch unmöglich, immer weiter am selben Glauben(-sinhalt) festzuhalten?

Weil das Leben ein ständiger Prozess ist, in dem die Welt und ebenso ich in einem ständigen Wandel begriffen sind, ist es notwendig, diese ständigen Veränderungen wahrzunehmen und sie auch zu glauben. Welche Bedeutung das hat, wird am Klimawandel deutlich.

Ist die Welt so, wie ich sie wahrnehme?

Meine Wahrnehmungen entsprechen der Realität und der Wirklichkeit der Welt, wie sie jeweils ist, dann am meisten, wenn ich die Veränderungen wahrnehme und nicht stur an alten Glaubensinhalten festhalte. Obwohl ich in meinem Bewusstsein nur Abbilder meiner Umwelt schaffe, ist die Welt auch so ähnlich, wie ich sie nach-bilde. Wäre sie ganz anders, könnte ich nicht überleben. Gleichzeitig ist die Welt für die unendlich vielen Lebewesen – Zecken, Schlangen, Fledermäuse, aber auch für Taubstumme und Blinde – noch unendlich viel anders; sonst könnten diese nicht überleben.

Wenn die Welt so ist, wie ich sie als Mensch wahrnehme, müssten dann nicht alle Menschen sie gleich wahrnehmen?

Wenn die Menschen in ihrem Glauben im weitesten Sinne sowie in ihrer jeweiligen Perspektive beim Blick auf die Welt übereinstimmen, nehmen sie die Welt weitgehend gleich wahr. Deswegen ist die Welt trotzdem auch ganz anders. Grundsätzlich aber ist jede Wahrnehmung einzigartig. Selbst meine ganz individuellen Wahrnehmungen von der Welt sind stimmungsabhängig, somit einzigartig und unterschiedlich; mal so und mal so.

Verändere ich durch die Art meiner Wahrnehmung die Welt?

Ich ändere mich durch meine Wahrnehmung selbst und auch durch die Art meiner Wahrnehmung. Wenn ich mich ändere, ändere ich auch die Welt, da ich ein integraler Teil der Welt bin. Bereits auf der Quantenebene ist bekannt, dass eine Messung – eine Messung ist eine Wahrnehmung – das Gemessene verändert.

Hat jeder Mensch mit seinen einzigartigen Wahrnehmungen von sich und der Welt recht?

Jeder Mensch bildet etwas Wahres von der unendlichen Wirklichkeit und ihren Möglichkeiten in einzigartiger Weise ab und fügt diese Abbildungen dem Ganzen ein. Das bedeutet, dass mittels der Wahrnehmungen auch die Welt selbst verändert wird. Damit hat auch jeder etwas recht.

Ist das, was vorbei und weg ist, für immer verschwunden?

Alles, was gebildet wurde und entstanden ist, ist in seiner jeweiligen konkreten Erscheinungsform vergänglich und dann somit weg. Doch es verschwindet nicht „spurlos“, sondern ist in seinen Nachwirkungen aufgehoben; wie das Schmetterlingsei in der Raupe, in der Puppe, im Schmetterling und dieser wieder im Ei.

Von wo kommt meine Bedürfnis- bzw. Lebenserfüllung und wozu?

Vom Eistadium an kommt alles, was ich zum Wachstum und zum Leben brauche, von außen von der Mutter. Doch die von außen kommenden Stoffe nutze ich nach meinem mir innewohnenden Entwicklungsplan, um mich damit und dadurch selbst zu verwirklichen, zu erfüllen und zu vervollkommnen. Auch während meines nachgeburtlichen Lebens bin ich auf die Bedürfniserfüllung von außen angewiesen. Ich bestimme aber aus mir selbst heraus, ob und wie ich das von außen kommende Gut nutze, es als erfüllend erlebe, mich dadurch entwickele und immer liebevoller vervollkommne.

Inwieweit bestimme ich aus mir heraus – d. h. letztlich unabhängig von außen und frei – das Maß meiner Erfüllung?

Durch die Art und Weise wie ich zu den von außen in mich aufgenommenen Stoffen, Kräften, Erscheinungen und Informationen in Beziehung trete, bestimme ich, ob ich mich damit erfüllt bzw. wohlfühle oder nicht; oder ob ich mich ungesättigt fühle, gleichgültig oder unzufrieden bin.

Wie kann ich mein Erfüllungserleben unabhängiger von meinen konkreten Lebensumständen machen und optimieren?

Je mitfühlender und liebevoller ich zu dem, was von außen und von innen auf mich einwirkt, in Beziehung trete und mich damit so annehme, wie ich gerade bin, desto erfüllender erlebe ich die Welt im weitesten Sinn und mich in ihr.

Wie ist es möglich, als vom Außen abhängiger Mensch gleichzeitig frei zu sein?

Als ein Teil der Welt und der integralen Wirklichkeit bin ich zwar auch eingebunden und abhängig, doch gleichzeitig auch frei in der Bildung meines Bewusstseins bzw. in der Gestaltung meiner Beziehungen zu sämtlichen inneren und äußeren Erscheinungen. Ich bin darin frei, zu allem was ist, ablehnend oder aber mitfühlend und liebevoll in Beziehung zu treten.

Kann mein Bedürfnis nach Freiheit letztlich erfüllt werden, wenn ich doch stets auf Zuwendungen von außen angewiesen bin?

Wenn ich mir bewusst bin, dass ich zu allem, was ist, ja und – wenn ich will – nein sagen kann, erlebe ich darin meine Freiheit. Ich lebe zwar auch in einer äußeren Welt, deren Bedingungen ich unterworfen bin. Aber fortwährend lebe ich uneingeschränkt in der Welt meines Bewusstseins; und mein Bewusstsein kann ich frei gestalten.

Was war zuerst, Materie oder Energie?

Nach der Urknalltheorie ist die Materie aus der Energie des Urknalls hervorgegangen.

Was hat im Leben den höchsten Wert?

„Wert“ als Begriff bezeichnet etwas Immaterielles. Der Wert wird dem Materiellen und dem Immateriellen als eine Eigenschaft von Menschen zugeschrieben oder abgesprochen. Jeder Mensch bestimmt selbst seine Werte und auch seinen eigenen Wert. Wenn ich mein Leben selbst als höchsten Wert definiere, gebe ich damit gleichzeitig meinem Körper als Vollzieher meines Lebens einen hohen Wert. Doch während meines Lebens mache ich die Erfahrung, dass ich im selben Körper mal mein Leben als wertlos und mal als unendlich kostbar erlebe; jenachdem in welchem Maße ich von Freude, Mitgefühl, Dankbarkeit und Liebe erfüllt bin. Demnach vermitteln und haben diese wertschätzenden Gefühle den höchsten Wert.

Wie kann ich mir die Beziehung von materiellem und ideellem Wert vorstellen?

Das Materielle ist gleichsam das Instrument, auf dem die letztlich nie verklingende Musik des Ideellen spielt. Die Musik verklingt nie, da sie Energie und Information ist. Jeder Mensch ist eine unverzichtbare Partitur in der Gesamtkomposition der Schöpfung und diese Teilhabe des Teilnehmers an der Gesamtheit macht letztlich seinen Wert aus.

Was ist das richtige bzw. das Bedürfnis erfüllende Tun, und wie kann ich es erreichen?

Das richtige Tun ist nur im Kontext des „Wofür“, nämlich was durch dieses Tun sein soll, zu bewerten. Bezüglich eines anderen „Solls“ kann dieses Tun genau falsch sein. Die entscheidende Frage ist demnach die Frage nach dem Sein: „Was ist jetzt?“ und bezogen auf mich „Wer bin ich jetzt?“ bzw. „Wer bin ich jetzt im Moment am meisten hinsichtlich meines drängendsten Bedürfnisses?“ Ich tue das Richtige – Beste, Wertvollste -, wenn ich in meinem Mitgefühl und in der Liebe bin, weil aus diesem „Sein“ das Bestmögliche entspringt.

Inwiefern tue ich immer das Richtige, wenn ich im Mitgefühl und in der Liebe bin?

Wenn ich in meinem Mitgefühl und in meiner Liebe bin, verletze ich kein „Soll“, was bedeutet, dass nichts fehlt. Ich bin nur Mitgefühl und Liebe und damit richtig und erfüllt.

Warum ist der Kampf notwendig?

Der Kampf ist eine angeborene Strategie der menschlichen Natur, die reflexhaft in Notsituationen aktiviert wird, um sich zu behaupten. Wer als Lebewesen bzw. als Spezies nicht wirksam genug kämpfen konnte, hat sich in der Evolution – zumindest an der Spitze der Nahrungskette – nicht behauptet.

Inwiefern bewahrt letztlich die Kooperation das Leben und stiftet Geborgenheit?

Durch den Kampf wird Leben auch immer wieder beendet. Durch Kooperation und Hingabe werden Leben miteinander verschmolzen; das alte beendet, gleichzeitig in anderer Form bewahrt und zu etwas Neuem – anderem Leben – transzendiert, aufgehoben und darin geborgen.

Inwieweit verhelfen mir Aggression, Wut und Hass zu mehr Mitgefühl und bedingungsloserer Liebe?

Als ein Opfer von Aggression, Wut und Hass empfinde ich das infolge dieser Gefühle verursachte Leid, lerne es kennen und kann dieses Leid somit auch bei anderen leidenden Opfern wiedererkennen. Darüber hinaus brechen Wut und Hass überkommene Liebesbeziehungen zunächst einmal auf und begünstigen so meine Öffnung für andere Beziehungen bzw. weitere „Lieben“ im weitesten Sinn.

Mit welcher Strategie glaube ich, am ehesten zum Ziel zu kommen?

Die Antwort hängt davon ab, was das gewünschte Ziel ist. Wenn es nur darum geht, dass der andere das tut, was ich möchte, kann ich mal mit der einen und mal mit der anderen Strategie erfolgreich sein. Wenn es mir wichtiger ist, dabei in einer mitfühlenden und freundlichen Beziehung mit dem Anderen zu sein, gelingt das mit Bitten und Gewähren. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass ich dann mit Befehlen zum Ziel komme, wenn ich der Mächtigere bin. 

Umgekehrt gehorche ich eher, wenn ich mich unterlegen fühle. In beiden Fällen ist die Beziehung mit einem ungerechten Oben-Unten-Gefälle belastet, das ich dadurch ausgleichen kann, dass ich mit der sich unterlegen fühlenden Seite – sowohl der des anderen als auch meiner eigenen – mitfühle. Ich komme dadurch am ehesten zu beiden Zielen, wenn ich gleichzeitig mit allen Seiten – mit meinen und mit denen des anderen – mitfühle.

Kann es in diesem Leben eine Gerechtigkeit geben, die alle gleichermaßen erfüllt?

Tatsache ist, dass das Vermögen, die Ressourcen und die Rechte in allen Gesellschaften bzw. Kulturen ungleich verteilt und die Mächtigen privilegiert sind. Tatsache ist auch, dass mit zunehmendem Mitgefühl Schwache, Arme, Verfolgte bevorzugt Zuwendung erhalten. In dem Maße wie ich Mitgefühl und Liebe aufbringe, schaffe ich – zumindest in mir, wenn ich mich den Schwachen und den Unterprivilegierten zuwende – den Ausgleich und erlebe so die Gerechtigkeit in mir erfüllt.

Wie kann ich mich von der alles spendenden Macht und Herrlichkeit allen Seins erfüllen lassen?

In dem Begriff Herrlichkeit ist schon eine patriarchalische Privilegierung alles Wertvollen zugrunde gelegt. Als Kind erlebe ich alles Wertvolle – Macht, Herrlichkeit – im Austausch mit Eltern und Autoritäten, die ich als die Verwalter der Macht und als die Herrscher über alle verfügbaren Köstlichkeiten für ihre Zuwendungen würdige und liebe. 

Die Zuwendungen – hier im weitesten Sinn gemeint – dieses Wertvollen der mächtigen Eltern an mich empfinde ich als meinen Wert: Das bin ich den Eltern wert! Ich erlebe das als hilfloser Säugling und als Kind, wo die Eltern die Reichtümer verwalten und mir spenden. Ich erfahre das Größte – wertvolle Zuwendungen der Mächtigen – in meiner Kleinheit. Daneben mache ich jedoch auch gegenteilige Erfahrungen, nämlich, dass mir alles auch vorenthalten und entzogen werden kann. Verständlicherweise fürchte ich das als Bestrafung. 

Soweit ich meine schmerzlichen kindlichen Erfahrungen mit meiner „Eltern-Herrschaft“ auf den allmächtigen Schöpfer übertrage, fürchte ich ihn. Je mehr ich mich der Gottesvorstellung Jesu als eines bedingungslos gnädigen Vaters anschließe, der seine Güte unterschiedslos über alle ausgießt – Er lässt seine Sonne aufgehen über Böse und Gute und lässt es regnen über Gerechte und Ungerechte“, (Mt. 5,45) – desto mehr kann ich mich auch selbst in meiner Winzigkeit furchtlos von seiner Macht und Herrlichkeit erfüllen lassen.

Kann es etwas Zeitloses geben, das keine Ursache hat und keinen Naturgesetzen folgt?

Die Zeit, das Gesetz von Ursache und Wirkung sowie die Naturgesetze sind von den Menschen als Hilfskonstruktionen gebildet worden, um die unendliche Vielfalt des Universums zu begreifen. In der ursprünglichen Potenzialität, aus der „heraus“ es den Urknall gab, muss man Kategorien wie Zeit, Raum und Kausalität nicht annehmen.

Kann ich als Mensch Anteil am Zeit- und Ursachlosen haben?

Wenn alles aus der ursprünglichen Potenzialität – der Liebe – hervorgegangen ist, dann bin ich es als Teil des Ganzen auch. Die Zeit sowie die Gesetze von Ursache und Wirkung hat der Mensch – ich – erst kraft seines Bewusstseins in das Universum hineininterpretiert. Davor und danach sowie in einem weiteren aufgehobenen Bewusstsein bin ich zeit- und ursachlos.

Warum muss es Leid und Schuld überhaupt geben?

Leid entsteht, weil wir auf Erfüllung von außen – durch Luft, Nahrung, Kommunikation, Austausch – angewiesen sind und uns immer wieder mehr oder weniger von der Erfüllung getrennt und somit unerfüllt erleben. Ein Mangel an Erfüllung dieser und anderer lebenswichtiger Bedürfnisse geht mit Leid einher, das signalisiert, dass ich diesen jeweiligen Bedürfnissen nicht ausreichend Genüge tue. Da seit Jahrtausenden die Ursache des Leids mit Schuld in Verbindung gebracht und erklärt wird, wird das Leid eben auch als Schuld empfunden. Leid und Schuld berühren und informieren mich bezüglich eines Mangels bzw. Getrenntseins und helfen mir so, mich um Abhilfe und Erfüllung zu bemühen.

Inwiefern bedingen sich Leid und Schuld?

Leid und Schuld haben eine Schnittmenge im gemeinsamen unangenehmen Empfinden meines Mich-Schlecht-Fühlens. Insofern regt das eine das andere mit an. Seit Adam und Eva bzw. seit Tausenden von Jahren wird das Leid mit Schuld in Verbindung gebracht und ist in dieser komplexhaften Verbindung ein nicht unbedeutender Teil des kollektiven Bewusstseins.

Wozu dienen Leid und Schuld bzw. inwiefern tragen sie zur Heilung bei?

Leid und Schuld erinnern an einen Mangel und drängen auf die Erfüllung wesentlicher Bedürfnisse. Insofern sind sie die mahnenden Platzhalter für lebenswichtige Werte bzw. ihre Erfüllung – Nahrung, Gesundheit, Gerechtigkeit, Gemeinschaft, Austausch usw. –, die ausschlaggebend zu meiner Lebensqualität beitragen und so letztlich auch im Dienst der Heilung stehen.

Wie können Leid und Schuld überwunden werden?

Wenn ich Leid und Schuld – gerade auch in ihrer Funktion als mahnende Platzhalter für bestimmte unerfüllte Werte – mitfühlend annehme, erkenne ich sie in ihrem Wert für mich an, verschaffe ihnen und mir Genugtuung und gelange dadurch zur Befreiung; zu meiner Freiheit, ja zu dem zu sagen, was ist.

Warum glaube ich, dass es das Böse gibt?

Es gibt viele leidvolle, üble Erfahrungen im Leben, denen – als Gegensatz zu den guten Erfahrungen – „das Böse“, zugeschrieben wird, um es fassen und verstehen zu können. Personifiziert bezeichnet die elterliche bzw. religiöse Autorität das Böse als Teufel, Satan usw. und gibt mir vor, daran zu glauben.

Inwiefern kann ich im Bösen das Gute erkennen?

Wenn ich das Böse als Sammelbegriff für negative Erfahrungen verstehe, sensibilisiert es mich für die Wahrnehmung des im Unterschied dazu Angenehmen bzw. Guten und entfaltet sich darin.

Was ist mit „Narzissmus“ und mit „Rassismus“ gemeint, und was haben sie gemeinsam?

Mit Narzissmus ist die positive emotionale Besetzung von allem – Eigenarten, Eigenschaften, Attribute, Fähigkeiten – gemeint, was ich mit meiner Person verbinde. Damit geht gleichzeitig ein Überlegenheitsanspruch gegenüber dem einher, was ich als mir nicht zugehörig empfinde. 

Wenn ich bestimmte Attribute, Eigenschaften, Eigenarten und Zugehörigkeiten mit anderen Menschen gemeinsam habe – etwa Nationalität, Konfession, Hautfarbe, sozialer Status, Bildung, Vereinszugehörigkeit (z. B. Golfclub), Vermögen, Standeszugehörigkeit (Adel), Geschlecht, Leistungsqualifikationen u. v. a. – fühle ich mich im Allgemeinen wegen dieser verbindenden Gemeins

amkeiten wertvoll und als überlegen gegenüber Menschen, die diese Merkmale nicht haben. Dieser aufgrund bestimmter gemeinsamer Merkmale erhobene Anspruch auf Höherwertigkeit, Überlegenheit und Privilegiertheit wird Rassismus genannt. Unter Rassismus wird hier eine spezielle Ausformung des Narzissmus verstanden, in der sich die positive emotionale Besetzung bzw. die Identifikation auf bestimmte – „höherwertige“ – gruppenzugehörigkeitsdefinierende Eigenschaften wie Herkunft, Geschlecht, Hautfarbe, Nationalität, Religionszugehörigkeit, soziale Schicht oder ähnliche Merkmale beziehen.

Ist dann nicht jeder in gewisser Weise ein Narzisst bzw. ein Rassist?

Jeder ist in dem Augenblick ein Narzisst bzw. ein Rassist, wo er sich aufgrund seiner Eigenschaften, Attribute, Fähigkeiten oder Zugehörigkeiten gegenüber anderen Menschen überlegen im Sinne von wertvoller oder privilegierter fühlt.

Darf ich mich wertvoller und überlegen fühlen?

Ich darf mich so fühlen und es ist wichtig, mir dieses Gefühl bewusst zu machen. Dieses Gefühl nährt mein starkes Ich und hilft mir, mich in meinem Alltagsleben zu behaupten. Die stolze Freude, die damit einhergeht, ist eine wesentliche Lebens- und Entwicklungskraft. Es ist aber ebenso notwendig, mir bewusst zu werden, dass ich mich mit diesem Gefühl über andere Menschen erhebe. 

Wenn ich diesen Wertanspruch, diesen Stolz und mein Gefühl von Überlegenheit bei mir beobachte und (an)erkenne, erkenne ich das auch – hoffentlich – bei den anderen an. Sie möchten sich ebenso stolz, überlegen und wertvoller fühlen. Erst wenn ich ihnen das genauso zugestehen kann wie mir selbst, und ich das nicht als ungerechte Anmaßung verurteile, sondern mich selbst darin wiedererkenne, habe ich die Gleichheit und damit auch die Gerechtigkeit wiederhergestellt und meinen Narzissmus aufgehoben. Wodurch werden Narzissmus und Rassismus gefährlich? 

Wenn ich mich wertvoller und anderen überlegen fühle, erkläre ich implizit andere für minderwertig und unterlegen. Mit diesem Blick auf andere setze ich sie herab – Missachtung, Geringschätzung –, spreche ihnen ihre Gleichberechtigung ab, tue ihnen somit Unrecht und verletze sie dadurch. Umgekehrt fühle ich mich durch Geringschätzung bzw. Missachtung verletzt und reagiere darauf mit Aggression und Wut. Implizite Geringschätzung, Anmaßung, Ungerechtigkeit, Verletzung und der damit verbundene Kampf dagegen machen Narzissmus und Rassismus so gefährlich.

Ist es dann nicht sinnvoll, Narzissmus und Rassismus zu bekämpfen?

Narzissmus und Rassismus sind implizite Faktoren jeder menschlichen psychosozialen Entwicklung und notwendig zur Erfahrung eines sowohl einzigartigen individuellen Selbst als auch eines zugehörigen – wie Familie, Volk, Partei, Glaubensgemeinschaft – Selbst. Ich würde mich „selbst“ bekämpfen, wenn ich Narzissmus und Rassismus bekämpfte, da sie eben auch Seiten von mir sind. 

Zugleich ist der Kampf eine narzisstische und rassistische Strategie, der ich so lange „Nahrung“ bzw. Energie zuführe, wie ich sie bekämpfe. Narzissmus und Rassismus zu bekämpfen, bedeutete demnach auch, sie aufrechtzuerhalten. Man kann daraus folgern, dass die Bekämpfung von Narzissmus und Rassismus nur solange sinnvoll ist, bis ich fühlend verstanden habe, dass der Kampf genau das unterhält, was ich bekämpfe.

Muss ich mit Narzissmus und Rassismus leben?

Da Narzissmus und Rassismus ein Teil der menschlichen Wirklichkeit sind, muss ich damit leben; auch und gerade dann, wenn ich ihn bekämpfe. Doch ich habe ebenso die Freiheit zu sagen, ich will mit Narzissmus und Rassismus leben, solange sie in Erscheinung treten. Ich will aufmerksam dafür sein, wenn ich mich stolz, überlegen und bevorrechtigt fühle. Ich kann mir dann zugestehen, dass das eine natürliche und somit berechtigte Seite von mir ist. Gleichzeitig erinnert mich meine mit den anderen Menschen mitfühlende Seite an die schmerzlichen Auswirkungen meines Narzissmus und Rassismus auf diese anderen.

 In der gleichen Weise erlebe ich den Narzissmus und den Rassismus anderer als im sozialen Kontakt ungerecht, als verletzend und schmerzlich. Indem ich also bewusst mit Narzissmus und Rassismus leben will, bleibe ich offen für seine Erscheinungen und Wirkungen sowie für Mitgefühl und für Gerechtigkeit gerade wegen dieser schmerzlichen Auswirkungen. Der erlebte und gelebte Narzissmus und Rassismus wirken auf diese Weise als ständige Katalysatoren und Erneuerer meines Mitgefühls und meines wachen Bewusstseins.

Können Narzissmus und Rassismus endgültig verschwinden?

Narzissmus und Rassismus sind zwar notwendige aber nur vorübergehende Konstrukte gleichsam wie ein inneres Gerüst meines bzw. des menschlichen Bewusstseins zwecks Behauptung eines individuellen Selbst, einer Identität und einer – wertvollen – Zugehörigkeit. Sobald diese Identität und Zugehörigkeit entwickelt sind, wird das Gerüst verzichtbar. Wenn ich mich so weit entwickelt habe, dass ich alles Seiende als gleich wertvoll und als gleich-berechtigt liebe, sind Narzissmus und Rassismus aufgehoben.

Spätestens mit meinem Sterben gebe ich beides auf. Je mehr und je länger ich meinen Narzissmus und Rassismus auslebe bzw. mich davon leiten lasse, desto mehr muss ich den Tod als schrecklichen Verlust all dessen fürchten, womit ich mich stolz, wertvoll und überlegen identifiziere. Je mehr und je länger ich meine narzisstischen und rassistischen Seiten anerkenne und sie mit meinem Mitgefühl – mit mir und mit den anderen – verbinde, desto mehr werden sie aufgehoben und schwinden.

Wie kann ich mir sicher sein, dass Narzissmus und Rassismus – irgendwann – verschwinden?

Narzissmus und Rassismus sind menschliche Seiten. Da jeder Mensch stirbt, sterben sie schließlich mit ihm. Doch wichtiger, als dass diese Seiten verschwinden, ist die menschliche Freiheit, sich von seinem Mitgefühl und seinem impliziten Gerechtigkeitssinn und nicht von seinem Narzissmus bzw. Rassismus leiten zu lassen. Da Mitgefühl und Gerechtigkeit als strukturelle Seiten unseres Menschseins wieder und wieder Kooperation und Kohärenz erzeugen, geht die Evolution hier und eben nicht in narzisstischem Kampf oder in rassistischer Abgrenzung weiter.

Was kann ich konkret für die Aufhebung von Narzissmus und Rassismus tun?

Entscheidend ist, dass ich meine eigenen narzisstischen und rassistischen Seiten anerkenne, die Verantwortung für sie sowie für ihre Auswirkungen z. B. die Benachteiligung anderer übernehme und dazu – mitfühlend mit allen diesen Seiten – bewusst in Beziehung trete. Je mehr ich mich darauf einlassen kann, desto mitfühlender und angemessener kann ich auch dem Narzissmus und Rassismus der anderen begegnen. Jedes Mal, wenn mir das gelingt, hebe ich die schädigenden Wirkungen von Narzissmus und Rassismus wie Diskriminierung, Entwertung, Ungerechtigkeit, Isolation u. a. – zumindest in mir – auf.

Warum will ich mich selbst behaupten?

Der Grund und der Zweck der Selbstbehauptung ist letztlich meine Liebe zum Sein.

Warum und wozu gebe ich die Selbstbehauptung auf – und will sie auch aufgeben?

Ich möchte mein Selbst stets weiterentwickeln, was gleichbedeutend mit einer Befreiung ist. Dazu ist die Lösung von Bedingungen und Verwicklungen, in die mein Selbst – immer wieder wechselnd – verstrickt ist, notwendig. Die endgültige Befreiung von Selbstbindungen ist die Selbstaufgabe im Sterben und das Aufgehobensein im bedingungslosen und zeitlosen Ganzen.

Was ist zeitlos?

Zeitlosigkeit kann in mehrfachem Sinn verstanden werden: Etwas, was außerhalb der verlaufenden Zeit ist; etwas, was keine zeitliche Ausdehnung hat; etwas, was stets nur jetzt ist.

Kann etwas gleichzeitig zeitlos und zeitlich sein?

Wenn etwas zeitlos ist, ist es stets, d. h. ewig, zeitlos Jetzt. Gleichzeitig und damit in der verlaufenden Zeit ist dieses Jetzt zeitlich. „Gleichzeitig“ ist es zeitlich und als Zeitloses außerhalb der Zeit. Dadurch ist sowohl das zeitlose Jetzt in der verlaufenden Zeit aufgehoben als auch die verlaufende Zeit im zeitlosen Jetzt.

Ist der Tod nicht das Ende jeder Selbstbehauptung?

Der Tod ist das Ende der Art und Weise der Selbstbehauptung, die sich an bestimmten Eigenschaften, Funktionen und Attributen – Weisen – festmacht. Das eigenschafts- und bedingungslose, weiselose Selbst des zeitlos ewigen Jetzt ist unverlierbares endloses Sein.

Was ist meine Selbstbehauptung über Sterben und Tod hinaus?

Mein Sterben hebt mein an bestimmte Bedingungen – wie z. B. Sauerstoffgehalt – geknüpftes Selbst im Ganzen auf. Durch Sterben und Tod bin ich wieder der „aufgehobene Tropfen“ im „Meer“ des Allumfassenden.

Inwiefern kann ich von etwas Göttlichem im Menschen ausgehen?

Wenn wie alle Geschöpfe des Schöpfers sind, behauptet sich der Schöpfer in mir und wirkt in mir zeitlos göttlich fort.

Wofür wirkt Jesus dabei?

In der Ausrichtung der Natur und der Evolution auf die Schaffung immer neuer Einzelwesen mit ihren unendlich vielfältigen wechselnden Erscheinungen sowie der dadurch bedingten Faszination werden der allgegenwärtige ungegenständliche göttliche Ursprung und die göttliche Natur – „das Reich Gottes“ – in den Hintergrund gerückt. Jesus hebt durch seine Botschaft und durch sein vorbildhaftes (Vor)Leben „aus dieser (natürlichen) Welt“ heraus das Göttliche wieder ins Bewusstsein und weist den Weg ins zeitlos göttliche Sein.

Gibt es eine Selbstbehauptung nach dem Tod?

Nach dem Tod könnte man sich eine „formlose“ Weise der Selbstbehauptung vorstellen, die nicht mehr an das Vorhandensein eines aktiven Körpers gebunden ist. Wobei die während des Lebens durch mein leibliches Selbst vermittelten Impulse und erzielten Wirkungen in ihren Interaktionen mit unzähligen anderen – Menschen, Tieren, Gegenständen – zeitlos und allgegenwärtig aufgehoben sind.

Was ist mit Egoismus gemeint?

Unter dem Begriff Egoismus soll all das verstanden werden, was dem Erhalt, dem Werden, der Entwicklung und der Bewahrung des Ichs – des Egos – bzw. der „Ersten Person“ dient. Dies umfasst meine Gefühlsregungen, mein Denken und mein Verhalten. Egoismus ist in bestimmtem Maße lebensnotwendig, um überhaupt eine eigenständige selbstbewusste Person zu werden. Mit Ludwig Feuerbach wird der Egoismus in dem beschriebenen Kontext positiv bewertet. Der Egoismus bzw. das „Gut-für-mich-und-was-mir-wichtig-ist-Sorgen“ bleibt bis zu meinem letzten Atemzug ein notwendiger Faktor meiner Existenz.

Was bedeutet natürlicher Heilsegoismus?

Da jeder Mensch für sich atmen, essen, schlafen muss und weitere Zuwendungen wie Fürsorge, Anerkennung, soziale Gemeinschaft natürlicherweise benötigt, ist er im Interesse seines Überlebens darauf angewiesen, sich diese Bedürfnisse – notfalls durch Kampf – in Konkurrenz zu anderen zu erfüllen. Unter diesem Zuerst-für-mich sowie in der Erweiterung des Für-die-Meinen-sorgen, wird hier als Heilsegoismus verstanden. Da das Überleben nur in einer nährenden Umgebung möglich ist, wird dieser Heilsegoismus auf meine jeweiligen Umgebungen – die Meinigen bzw. das Meinige –, welche die notwendigen Ressourcen bieten, ausgeweitet. Insoweit schließt mein Heilsegoismus auch meine jeweilige mich nährende und unterstützende Umgebung – Eltern, Familie, Dorf, Berufsumfeld, Volk, Freunde, Verein, Glaubensgemeinschaft – ein.

Wozu ist der natürliche Heilsegoismus notwendig?

Da alle materiellen Ressourcen begrenzt sind, ist es auch immer wieder in meinem und im Interesse der Meinigen notwendig, egoistisch für mich bzw. die Meinigen etwas zu nehmen, um zu überleben, und dabei in Kauf zu nehmen, dass andere, die vielleicht noch weniger haben, Mangel leiden und verhungern. Aus der damit einhergehenden Schuld komme ich in diesem realen Leben nicht heraus, da es faktisch unmöglich ist, bedingungslos alles mit allen zu teilen. Spätestens im Sterben behalte ich nichts mehr heilsegoistisch für mich.

Wozu ist dieser Heilsegoismus aufzuheben?

Da „Heil“ umfassende Ganzheit bedeutet, darf es letztlich keinen andere Menschen bzw. anderes ausschließenden Partikularismus mehr geben. Jeder Anspruch auf Bevorzugung, Auserwähltsein usw. schließt implizit andere aus und verhindert so die wirkliche Heilung zum Ganzen, zum einigen unterschiedslosen Heil. Die Aufhebung des Heilsegoismus bedeutet so die Aufhebung alles Persönlichen und Besonderen sowie die Vervollkommnung im bedingungslosen Heilsein aller.

Was bedeutet bedingungsloses Heilsein?

Bedingungsloses Heilsein bedeutet die Aufhebung meiner an bestimmte Bedingungen – wie etwa den Erhalt bestimmter Güter sowie die Abwesenheit von Mangel und Leid – geknüpfte natürliche Heilserwartung bezüglich meines kontingenten Lebens. In dem umfassenden endgültigen Heil ist alles voraussetzungs- und bedingungslos ununterscheidbar gleich einig-meinig.

Was ich für die Entwicklung vom Heilsegoismus zum umfassenden Heilsein tun kann

Aufgrund meiner natürlichen Bedürftigkeit gerate ich immer wieder in eine Not, in der ich mich vom Benötigten im weitesten Sinne getrennt erlebe. Nur durch meine (mit-)fühlende Wahrnehmung bzw. mein Erleben meines Unerfülltseins wie z. B. Hunger suche ich nach Erfüllung und Befriedigung. Dabei lasse ich mich entweder mehr durch mein „Säugerhirn“ bzw. mein Limbisches System leiten und kämpfe um das benötigte zum Preis weiterer Trennungen und Ausschluss anderer, was wiederum mit neuem Leid einhergeht.

Oder ich lasse mich mehr von meinem überwiegend im Stirnbereich liegenden, weiterentwickelten Sozialhirn leiten, das die Bedürfnisse meiner Mitmenschen und zunehmend auch die Bedürfnisse der ganzen Welt mitfühlend berücksichtigt. Das geht mit Einbeziehung, Integration und zunehmender Verbundenheit einher. Mein Mitgefühl mit meinen unerfüllten Bedürfnissen – was meist auch gleichzeitig mit mehr oder weniger Not einhergeht – ist dabei die treibende Kraft; um dadurch in meinem eigenen Interesse und dem meiner Nachkommen die Bedürfnisse der Anderen und der Welt einzubeziehen und so alles zu vereinen.

Je bedingungsloser und unterschiedsloser das geschieht, desto kompletter wird die Heilung zu einem alles umfassenden Heil und einer alles umfassenden Liebe. Was ich und jeder Mensch dafür tun kann, ist demnach, immer vertrauensvoller meinem Mitgefühl zu folgen, es zuzulassen und mich damit als ein an meinem jeweiligen Platz notwendigen Generator von Mitgefühl sowie von Liebe als höchste Form des Mitgefühls zu erkennen und anzuerkennen.

Wozu kann es gut sein, das Sterben zu erleben?

Wenn ich das Sterben erlebe, ist Sterben auch eine Erweiterung des Lebens.

Wo und wie kann ich das Sterben erleben?

Ich kann das Sterben in mir erleben, da ständig etwas – körperlich, gefühlsmäßig, geistig – in mir stirbt, um einem neuen Aufleben bzw. neuem Erleben Platz zu machen. Ich kann das Sterben auch erleben, wenn ich Sterbende(s) begleite und mitfühle.

Wozu ist das Sterben notwendig?

Erst durch das Sterben – die Veränderung – einer alten Form, kann der Prozess der sich stets erneuernden Formung lebendig bleiben. Sterben ist wie auch das Wachsen eine spezielle Erscheinung des sich ständig in seiner Erneuerung aufhebenden Lebens.

Was bedeutet, miteinander zu sterben?

Da jedes Werden gleichzeitig ein Stück Sterben (des Vorherigen) ist, stirbt auch immer etwas im Miteinander, das nicht mehr geteilt werden kann; gerade in der zwischenmenschlichen Beziehung zu einem geliebten Menschen. In jedem Augenblick stirbt das Vorherige und gleichzeitig entfaltet sich etwas Neues. Im Miteinander-Sterben bleibt die Verbundenheit im Aufleben und Werden des gerade jetzt miteinander geteilten Neuen.

Was heißt liebend im Auseinanderleben verbunden sein?

Wenn sich ein Partner verändert, führt das auch zu einem Auseinandergehen im vertrauten Partnerschaftserleben und vielleicht zur Trennung. Liebend im Auseinanderleben verbunden zu sein bedeutet, sich die Liebe auch bei allen Veränderungen zu bewahren – so, wie auch ein Verstorbener weiter geliebt wird.

Wie verhalten sich Sterben und Miteinander bzw. Auseinanderleben und Verbundensein zueinander?

Das Miteinander, das Sterben, der Verlustschmerz und die Trauer sind Kinder der Liebe, der Ursache allen Lebens. Schmerz und Trauer halten die liebevolle Verbindung zum Gelebten lebendig.

Wo und wie begegne ich dem Sterben?

Zunächst begegne ich dem Sterben in meiner Umgebung – und zwar umso näher und intensiver, je näher mir der Sterbende steht. Je mehr ich mit dem Sterbenden verbunden bin, desto mehr erlebe ich sein Sterben als mein eigenes Sterben.

Inwieweit begegne ich mir in einem Sterbenden selbst?

Je mehr ich mit einem Menschen identifiziert bin, desto mehr erlebe ich mich ihm gleich; eben auch in seinem Sterben. Da der Sterbende, den ich erlebe, für mich stets ein Sterbender in meinem Bewusstsein – also eine von mir gemachte Vorstellung – ist, begegne ich im Sterben auch meinem Sterben und somit mir.

Wer und was will ich im Sterben sein und was ist dann ein erfülltes Leben?

Im Sterben will ich ein glücklicher Mensch sein, der mit sich sowie mit der Welt im Reinen ist, der Mitgefühl und Liebe ausstrahlt und mit diesem Mitgefühl und dieser Liebe sein Leben im doppelten Sinn erfüllt hat.

Was kann ich jetzt für die Erfüllung tun und lohnt sich das?

Wenn ich in meinem Mitgefühl und meiner Liebe bin, bin ich jetzt erfüllt und zufrieden. Je mehr und je länger ich das verwirklichen kann, desto erfüllter werde ich jetzt sein sowie weiterhin werden und erst recht am Lebensende sein.

Wieso sollte ich mit meiner mich quälenden Angst liebevoll umgehen?

Meine Angst ist ein lebensnotwendiger Faktor in meinem Sicherungs- und Überlebenssystem. Die Angst ist nicht die Gefahr bzw. die Bedrohung selbst, sondern „Sicherheitsbeauftragte“ und Signalgeberin. Bereits indem ich dies so anerkenne, gehe ich liebevoll mit der Angst um.

Was will meine Angst?

Meine Angst will mich auf drohende Verluste und Schäden aufmerksam machen. Sie will, dass ich mich mit Bedrohungen vertraut mache und angemessen damit umgehe. Sie will mir auf diese Weise lebenswichtige Werte bewahren. Die Angst ist insoweit auch eine indirekte Liebesbotschaft.

Ist die Angst ein schlechter Ratgeber?

Ob die Angst ein guter oder schlechter Ratgeber ist, hängt davon ab, welchen Rat ich höre bzw. verstehe. Wenn ich ihren Rat verstehe als „Mache dich mit deiner Situation vertraut“, ist sie ein guter Ratgeber.

Was unter einer Katastrophe verstanden wird

Unter dem Begriff Katastrophe werden Schadens- und Gefahrensituationen verstanden, die für eine größere Anzahl von Menschen mit existenzieller Bedrohung und Schäden an Leib und Leben verbunden sind. Eine Katastrophe ist einmal ein objektives Schadensereignis. Für mich als Individuum ist jedoch wesentlicher, was ich subjektiv aus einer Katastrophe mache. Ich lebe unmittelbar in der Welt meiner von mir subjektiv gestalteten Katastrophe.

Von wo eine schreckliche Katastrophe ihren Sinn bekommen könnte

Die Katastrophe hat von sich aus – als Phänomen an sich – keinen Sinn. Sie bekommt ihn erst von mir beigemessen, je nachdem wie ich sie in ihren Gesamtzusammenhang sehe, erkenne verstehe.

Bedingungen zum Katastrophenverständnis

Mit dem Erwachen des menschlichen (Selbst)Bewusstseins will der Mensch die Zusammenhänge des Lebens verstehen. Ich kann auch die Katastrophe in einem sinnvollen Zusammenhang verstehen, wenn ich dafür offen bin und sie – unter beständiger Würdigung des damit verbundenen Leids – auch in ihren positiven Auswirkungen anerkenne.

Ethische Aspekte oder darf ich bei Katastrophen wie jetzt im Ukrainekrieg Sinn suchen

Da die Sinnsuche auch ein mentaler rationaler Prozess ist, hat sie gegenüber dem Leidempfinden unter anderem eine Abwehr- oder besser eine Schutzfunktion. Die so formulierte Frage impliziert, dass es vielleicht angemessener sei, Mitgefühl aufzubringen und das Leid der Betroffenen zu teilen, um so seinen Beitrag zu ein wenig Trost zu leisten, statt Sinn zu suchen. Doch genau in diesem Entwicklungsprozess vom Leid hin zu immer mehr Mitgefühl und Trost könnte so etwas wie Sinn gefunden werden.

Was ist an der Corona-Katastrophe besonders?

In dieser Katastrophe wird die globale Verbundenheit der Lebenswelten mit ihrer gleichen Betroffenheit aller sie erleidenden Menschen offenbar; es gibt nicht wie im Krieg unterschiedliche Verantwortlichkeiten und gegensätzliche Lager als Aggressor oder Opfer.

Inwiefern bin ich auch selbst die Katastrophe – etwa Corona?

Alle von mir gebildeten Vorstellungen von Corona und was damit zusammenhängt einschließlich der damit einhergehenden Gefühle und Gedanken sind vollständig Schöpfungen meines Bewusstseins. Alle geistigen Schöpfungen bzw. jede Aktivität meines Bewusstseins bin ich; und damit auch – ein Stück weit – Corona.

Wie sich eine Seuche als etwas Positives, gar als eine Liebesbotschaft deuten ließe?

Die Coronapandemie wirkt in einem sozialen Umfeld. Die soziale Resonanz auf die Seuche ist entscheidend für die Auswirkungen des Coronageschehens. Wenn meine Resonanz auf die Pandemie mitfühlend, fürsorglich und liebevoll ist, sind die Auswirkungen der Pandemie dadurch Liebesbotschaften an mein Umfeld.

Wie ich meine kämpferische narzisstische Selbstbehauptung entwickeln und aufheben kann

Ich erkenne zunächst an, dass ich zu meiner Selbsterfahrung und zu meiner Entwicklung meiner Persönlichkeit bzw. meines individuellen Ichs meinen Narzissmus benötige. Wollte ich meinen Narzissmus wegmachen bzw. bekämpfen, wäre ich wieder kampforientiert und meine Selbstbehauptung endete schließlich in meiner letzten Schlacht mit meinem Tod. Indem ich mir meinen Narzissmus eingestehe, mich ausdrücklich dazu und zu den verletzenden Auswirkungen meines Narzissmus auf meine Umgebung, möglichst auch vor anderen, bekenne sowie mit den durch meinen Narzissmus Geschädigten mitfühle, hebe ich mit dieser meiner Selbstmitteilung meine Abgrenzung auf und stelle wieder eine Gemeinschaft her. Ich bestimme und behaupte mich auf diese Weise statt im Gegeneinander im Miteinander.

Was und worauf ich hoffen kann

Ich kann alles erhoffen, denn alles ist immer jetzt in unendlicher, unfassbarer Wirklichkeit und Möglichkeit. Für mich wirklich und erfahrbar ist alles das, was ich – durch mein Bewusstsein – von der Wirklichkeit zulasse und in meinem Bewusstsein abbilde. Je mehr ich in meinem Bewusstsein zulassen und abbilden kann, desto bedingungsloser kann ich hoffen.

Wo sich das befindet, worauf ich hoffe

Der Inhalt meiner Hoffnung befindet sich in meinem Bewusstsein – unter der gleichzeitigen Annahme, dass dieser Inhalt in Wirklichkeit noch nicht erfüllt ist. In meinem Bewusstsein erzeuge ich also eine Schwebe zwischen „es ist da“ und „es ist nicht da, aber es wird hoffentlich irgendwann sein“.

Warum ich letztlich erst dann ganz erfüllt und geborgen bin, wenn ich – in der Hoffnung für alle – für mich selbst hoffe

Erfüllt und geborgen bin ich nur, wenn ich von Mitgefühl und Liebe erfüllt bin. Damit bin ich aber, eben durch mein Mitgefühl und meine Liebe, mit meinen Nächsten verbunden und eins. Sie sind auf diese Weise in meine Hoffnung eingeschlossen. Schließe ich jemanden aus, schließe ich dabei gleichzeitig auch mich selbst von einem Teil meines Mitgefühls und meiner Liebe aus. Jede dieser meiner Bewusstseinsbildungen wirkt immer zuerst – und am stärksten – auf mich selbst. Je mehr ich in der Hoffnung für alle hoffe, desto stärker und bergender ist meine Hoffnung, da sie alles einschließt.

Inwiefern es eine Erfüllung im Leben gibt, die nicht vergeht

Das Unvergängliche ist das Jetzt; es ist immer jetzt. Was ich jetzt glaube und hoffe, ist jetzt meine Wirklichkeit. Wenn ich jetzt in meinem Mitgefühl und in meiner Liebe bin, bin ich jetzt erfüllt und „diesseits im Himmel“ – in dem Moment muss ich auch nicht (mehr) auf ein Jenseits hoffen.

Was mit Leben gemeint ist

Leben ist ein ständig fortschreitender, eben lebendiger Prozess, den ich in all den unendlich vielfältigen Erscheinungen und Empfindungen er-lebe. Am lebendigsten, am fruchtbarsten und am vollkommensten ist dieser Prozess in der Liebe.

Das Leben entfaltet sich ständig, und es wird in seiner Prozesshaftigkeit dadurch erfahrbar, dass es sich in stets neuen vorläufigen, vergänglichen Erscheinungsformen äußert, zu denen ich fühlend, denkend und handelnd in Resonanz gehe. In dem Maße wie wir Menschen diese Erscheinungsformen mit wechselnden Gefühlen aufladen, halten wir diese stets neu werdenden und sterbenden Erscheinungsformen, gleichsam die „sichtbare Oberfläche“ des Lebendigen für das Wesentliche des Lebens.

Wir sind davon beglückt, wenn wir unsere idealen „Traum-Erscheinungen“ „haben“ und sind todunglücklich, wenn wir diese verlieren. Dabei bleibt das wirklich Wesentliche – der Lebensprozess selbst – erhalten. Und solange ich liebe, bleibt er beglückend. Sterben ist das In-den-Vordergrund-Treten des unbedingten, nicht mehr an von außen sichtbare, vergängliche Erscheinungsformen gebundenen Lebensprozesses.

Wie mein Leben jetzt erfüllt ist

Jeder Mensch hat vermutlich in seinem Leben die Erfahrung der Beglückung gemacht; ein zeitlos anmutender Augenblick der Freude des Glücks und der Liebe – des bedingungslosen „Ja-Sagens“. Je mehr es mir gelingt dieses „Ja“ zu dem, was gerade jetzt mit mir ist, mit meinem Mitgefühl und meiner Liebe zu vervollkommnen, desto mehr bin ich im Himmel meines erfüllten Lebens. 

Dazu gehört dann auch das Ja zu meinem Leiden, meinem Mitleiden mit dem Leid um mich herum und meinem Sterben. Dass dies möglich ist, belegen die zahllosen Berichte beglückender Nahtod-Erfahrungen. Gerade in leidvollen Situationen kann ich meiner Erfahrung der Erfüllung am nächsten sein.

Wie ich mir „Schätze im Himmel sammeln“ kann

Da die einzige Zeit „Jetzt“ ist, ist der Himmel ewig jetzt. Indem ich zu meinem Leben mit allem, was es mir bietet, bewusst ja sage, erschließe ich mir alle Schätze. Ich erschließe sie mir umso mehr, je besser ich es schaffe, zu allem, was mit mir und auch in meinem Erleben meiner Umgebung ist, mitfühlend und liebevoll in Beziehung zu treten; gerade auch in der Not. Das entspricht der Botschaft und dem Vorleben Jesu.

Was gibt es noch zum Thema "Selbstheilung"?

magnifiercrosschevron-down